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Spicken unterbinden ?!

                                                Hans-Dietrich Zeuschner, 01.04

     „Untersuchungen in Amerika haben gezeigt, dass der durchschnittliche Schüler durchaus bereit ist, dem Appell zu absoluter Ehrlichkeit zu folgen. Das Schülermaterial ist also an sich in Ordnung. Es kann durch eine pädagogisch und rhetorisch geschickt vorgebrachte Darstellung der Vorteile selbstständigen Arbeitens dazu gebracht werden, den Guerillakampf mit unerlaubten Hilfsmitteln aufzugeben. Dazu bedarf es starker Argumente. Man erwähne etwa, dass viele Abschreiber und Schummler später zu berüchtigten Dieben und Hochstaplern geworden sind. Dem Diebstahl geistigen Eigentums folgten oft kleinere Betrügereien, Müßiggang und Bankraub. Zwischen der Entwendung eines lateinischen Satzes und der eines Bargeldvorrats besteht kein grundsätzlicher, sondern nur ein gradueller Unterschied. Wer Vokabeln klaut, dreht auch große Dinger.“

   Diese Zeilen sind im Vorwort des Buches von  Schiefer, H. u.a.: Wer abschreibt, kriegt ´ne 5!, Frankfurt a.M. 1967 nachzulesen. Sie müssen ironisch gemeint sein, denn andernfalls hätte ein ganzer Jahrgang Ingenieurstudenten, zu dem ich ebenfalls gehörte, nach dem Examen auf die schiefe Bahn geraten müssen.

   Helmut Schiefer schreibt weiter: „Hat einmal ein Schüler mit einer solchen Praktik (des Spickens, d. Autor) sichtbaren Erfolg gehabt, wird ein großer Teil der Klasse versuchen, sich auf die gleiche Weise um die ehrliche Arbeit zu drücken. Hier ist es für die Lehrkraft höchste Zeit zum Einschreiten. Besser aber ist stets, den Anfängen zu wehren und darauf zu achten, dass auch nicht die harmloseste Methode des Spickens überhaupt erst zum Zuge kommt.“  An dieser Stelle möchte ich ansetzen und eine Möglichkeit darstellen.

 

Zur Ausgangslage

   In Kfz-Berufsschulklassen sind heute in der Regel zur Lösung von mathematischen Aufgaben im Unterricht sowie bei Klassenarbeiten Formelsammlungen, gelegentlich auch Tabellenbücher zugelassen, das Gleiche gilt für Abschlussprüfungen nach BBiG.

   Das war nicht immer bzw. nicht nur in der Berufsschule, Kfz-Technik so. Früher mussten die Formeln vor Klassenarbeiten generell auswendig gepaukt werden, bzw. wurden selten bis regelmäßig auf einen Spickzettel geschrieben, in der Hoffnung, diese Hilfe während der Arbeit benutzen zu können.  

Das Zusammenstellen einer solchen eigenen Formelsammlung  für den in der bevor stehenden Klassenarbeit relevanten Bereich brachte quasi als Nebenprodukt, wie manche Spicker aus eigener Erfahrung sicherlich bestätigen können, einen nicht zu unterschätzenden Lernfortschritt vor der Klassenarbeit. Man musste sich noch einmal intensiv mit dem Stoff, d.h. mit  Gesetzen, Regeln, Daten, Fakten sowie   relevanten Größen, Einheiten, Kurzzeichen und Formelzeichen beschäftigen.

   Aufgrund dieser Erfahrungen und den im Info-Blatt „Zum Lösen von Textaufgaben“ nieder geschriebenen Beobachtungen und Thesen beruht die Idee, den Schülern entsprechend didaktisch konzipierte Arbeitsblätter an die  Hand zu geben, aus denen nach und nach  eine vollständige selbst angefertigte Formelsammlung entsteht.


Übliche Arbeitsschritte beim Lösen von technischen Textaufgaben                                    

Lesen des Aufgabentextes sowie des Arbeitsauftrags.

Identifizieren bzw. Herausfiltern von relevanten Fakten und Daten d.h. Größen samt Zahlenwerten und Einheiten.

Zuordnen der Aufgabe zu einem bestimmten Sachgebiet.

Nachschlagen im Tabellenbuch, Suchen des Sachgebiets.

Vergleichen der aus der Aufgabe entnommenen Daten mit den Angaben des Tabellenbuchs

( grafische Darstellungen, Größen, Formelzeichen, Einheiten).

Zuordnen der  Größen der Aufgabe zu den relevanten Größen und Formelzeichen des Tabellenbuchs.

Abgleichen der aus der Aufgabe entnommenen Einheiten mit den Einheiten im Tabellenbuch.

Auswählen der relevanten Formel.

Ersetzen der Formelzeichen durch Zahlenwerte und Einheiten.

Eingeben der Zahlenwerte in den Taschenrechner.

Ablesen des Ergebnisses.

 

Thesen

Zu Beginn ihrer Berufsausbildung sind Berufsschüler des Fahrzeugsektors nicht in der Lage, ihre Probleme beim Lösen von technischen Textaufgaben differenziert darzustellen.

Bei der Korrektur von Textaufgaben-Lösungen betreiben Berufsschullehrer keine systematische differenzierte Analyse zur Ermittlung der Fehlerursachen.

Während des Lösungsprozesses haben die Schüler eine Reihe von Selektions- und von Transformationsakte zu bewältigen. 

Das Lösen von Textaufgaben muss systematisch gelehrt und eingeübt werden.  Der übliche Dreischritt:

ist, wie man im Vergleich zu der o.a. Liste der Arbeitsschritte sieht, sehr grob gegliedert und daher nicht hinreichend geeignet,  die Schüler  zum Lösen von Textaufgaben zu konditionieren.

 

Das nachstehend eingefügte  Musterblatt ist nach meinen Vorstellungen in Partnerarbeit auszufüllen. Prinzipiell kann es in jeder Phase des Unterrichts eingesetzt werden, gedacht ist es jedoch – wie bereits erwähnt - zur Vorbereitung für eine Klassenarbeit bzw. Abschlussprüfung als Teil einer selbst angefertigten Formelsammlung.  Zur Vervollständigung  des Blattes sollte keine Literatur zugelassen werden, weil anderenfalls der oben ausführlich beschriebene Wiederholungs- bzw. Festigungseffekt nicht eintreten würde. Es versteht sich von selbst, dass ein Vergleich und ggf. die Korrektur der Ergebnisse am Schluss der Vorbereitungsphase zu erfolgen hat.

 

Arbeitsblatt

H.-D. Zeuschner


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Der Fachbeitrag wurde weder gekürzt noch inhaltlich verändert.

bearbeitet am: 19.02.15

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