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Abgasproblematik NOx

hier: AGR-System - Abschalteinrichtung

31.05.2016

Im Zuge des Abgasskandals von VW  hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) eine Untersuchungskommision eingerichtet. Der Abschlussbericht zu den Abschalteinrichtungen wurde nun kürzlich vorgelegt. Die Untersuchung erstreckte sich auch auf andere Auto-Marken. Darin wurden auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller sogenannte Abschalteinrichtungen bezüglich der NOx-Emissionen erkannt.

Was ist mit einer Abschalteinrichtung eigentlich gemeint?

Mit Abschalteinrichtung meint die Untersuchungskommision das Ausrampen der AGR-Menge, also die Reduzierung der Abgasrate, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur bzw. der Kühlwassertemperatur.

Grundsätzlich gilt festzutstellen: Eine Abschalteinrichtung ist verboten. Ausnahmen: Beim Anlassen des Motors, und um den Motor vor Schäden oder Unfall zu schützen.

Die Hersteller berufen sich nun grundsätzlich darauf, dass ihre Abschalteinrichtungen legal seien. Die singemäße Begründung: "Die NOx-Abschaltungen seien legal, weil sie dem Schutze des Motors vor Beschädigung dienen. Als Grund wird von den Herstellen unisono das Risiko einer Belagbildung im AGR-System angeführt. Dieses Risiko ist durchus vorhanden und wurde auch mit herstellerunabhängigen Forschungsprojekten bestätigt. Die Belag- oder auch Lackbildung kann zu einem Versagen des AGR-Ventils führen und den AGR-Kühler zusetzen.

Der Bericht des BMVI kann auf kztech.de in Auszügen downgeloadet werden. Wer den ganzen Bericht lesen will, findet den entsprechenden Link im Bericht auf Seite 1.

Das Thermofenster - Versottungsgefahr bei Außentemperaturen kleiner 20 Grad

Von entscheidender zentraler Bedeutung scheint dabei in den Rechtfertigungen der Autohersteller das „Thermofenster“ zu sein. Das Thermofenster liegt laut deren Angaben in der Regel bei Außentemperaturen zwischen 10 und 20 Grad Celsius und weicht nur minimal zwischen den Herstellern ab. Danach muss innerhalb des Thermofensters die AGR-Rate reduziert werden, um Beschädigungen des Motors zu verhindern. Ansonsten drohe eine Versottung und Verlackung im AGR-System. Gemeint sind dabei hauptsächlich das AGR-Ventil und der AGR-Kühler).

HD / ND AGR

Aufwändige Regelung mit Hochdruck- und Niederdruck AGR, um die Stickoxide in den Griff zu kriegen (Bild: Mann + Hummel)

 

Ferner heißt es in dem Bericht, dass es bei einer zusätzlichen Kondensatbildung, insbesondere bei Anwesenheit von Schwefel, zu Korrosionsproblemen kommt . Dazu genügen bereits geringste Schwefelmengen, die auch in so genannten schwefelfreien Kraftstoffen noch zu finden sind. Der Feuchtegehalt im Abgas ist durch die Verbrennung des im Kraftstoff enthaltenen Wasserstoffes zu Wasserdampf deutlich höher als der Feuchtegehalt der Umgebungsluft, wodurch der Kondensatanfall entsprechend hoch ist. Tritt zu große Verschmutzung auf, wird im einfachsten Fall die malfunction indicator lamp (MIL) ausgelöst, die den Fahrzeughalter auffordert, unmittelbar eine Werkstatt aufzusuchen. Es sollen jedoch auch Schäden bekannt sein, welche unmittelbar den Ausfall des Motors zur Folge haben.

An dieser Stelle wird noch vom BMVI darauf hinzuweisen, dass der Vorgang des Schichtaufbaus durch die Partikel im rückgeführten Abgas sehr komplexen Wirkmechanismen unterliegt. Es besteht nicht nur eine Abhängigkeit vom Partikelgehalt im Abgas, sondern auch von dessen Zusammensetzung insgesamt. Dabei spielen die Temperaturdifferenzen zwischen dem Abgas und den Bauteilen (Kühlerwände, AGR-Ventil usw.), der HC-Gehalt und die Feuchte eine Rolle. Hinzu kommt noch eine mögliche Kondensatbildung. Die Abgaszusammensetzung wird durch den jeweiligen Motorbetriebspunkt bestimmt. Daraus folgt, dass sich die Konsistenz einer Ablagerungsschicht innerhalb ihrer Schichtdicke ändern kann. Damit besteht wiederum eine Abhängigkeit von der Abfolge der gefahrenen Betriebspunkte mit den jeweilig auftretenden Temperaturen. Diese Komplexität der gegenseitigen Wechselwirkungen macht es außerordentlich schwierig bis unmöglich, beispielsweise quantitativ exakte Temperaturgrenzen für eine Vermeidung einer Ablagerungsbildung anzugeben.

Seltsame Abschaltungen

Seltsam erscheinen diese Rechtfertigungen der Autohersteller bezüglich der Abschalteinrichtungen allemal. Gerade auch deshalb weil kurz danach in der Süddeutschen zu lesen war, wonach Fiat wohl (unerlaubt?) eine zeitliche Abschaltung nach 22 min vornehmen soll! Der Prüfzyklus ist ja auf 20 min ausgelegt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Und wenige Tage darauf ist der "Opel Skandal" hinzugekommen. Der „Spiegel“, das ARD-Magazin „Monitor“ und der Verein „Deutsche Umwelthilfe“ hatten mit Hilfe eines Hackers auf möglicherweise illegale Abschaltvorrichtungen bei der Abgasreinigung neuester Opel-Dieselmodelle hingeweisen. Opel hatte die Vorwürfe zunächst zurückgewiesen. Konkret geht es um den Opel Zafira und den Opel Astra, die bei einer Geschwindigkeit von 140 Kilometern und geringem Luftdruck etwa ab 1.000 Meter Höhe die Abgasreinigung herunterregeln sollen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will die Abgasreinigung bei Opel erneut unter die Lupe nehmen lassen. Die Konsequenzen sind offen. Zwischen den rechtlichen Bewertungen des Autobauers und der Abgas-Untersuchungskommission gibt es Unterschiede. Unterdessen will die Deutsche Umwelthilfe mal wieder klagen. Der Verein wirft Opel Verbrauchertäuschung vor.

SCR System

Aufwändige Abgasreduzierung mit Oxi-Kat, SCR-Kat und Harnstoffeinblasung (Bild: Bosch)

 

Bewertung

Zunächst einmal spielt es grundsätzlich für die Verbrennung in einem Motor durchaus eine Rolle, ob die angesaugte Luft kalt oder warm ist, unabhängig von der Betriebstemperatur des Motors (Kühlwasser über 80°C). Kalte Luft enthält mehr Sauerstoff als warme. Deshalb bringt ein Motor mit Turbolader und Ladeluftkühlung auch mehr Leistung als einer ohne diese. Und das AGR ist ebenfalls wirksamer wenn das rückgeführte Abgas (CO2 und Wasserdampf) über einen AGR-Kühler gekühlt werden.

Bezogen auf die Frage einer zusätzlichen Versottung ist man allerdings lediglich auf Vermutungen angewiesen und auf die Aussagen des Untersuchungsberichts. So kommt, nach Aussagen der Hersteller, der Temperatur in dem Bereich von 20° – 10° scheinbar eine bedeutende Rolle zu in der Bildung von Kondensaten was zur Versottung/Verlackung führt. So trägt wohl zum einen der Sauerstoffgehalt und zum anderen die Luftfeuchtigkeit zur Kondensatbildung bei. Welche komplexen chemischen Vorgänge dabei ablaufen, da hätte ein Chemiker vermutlich seine Freude daran.

Letztlich bleibt man trotzdem ratlos zurück. Denn für den Laien (und für kfztech.de) ist der Umstand schwer nachzuvollziehen, warum gerade bei einer Außentemperatur von 10 Grad ein wesentlicher Unterschied bei der AGR-Verkokung auftreten soll als bei 20°. Dies auch bei warmgefahrenem Motor und wie dies zu einem unmittelbaren Motorschaden führen soll, wie einige Hersteller anführen, ist schwer greifbar. Bisher wurde immer gesagt, die Verkokung entstehe in erster Linie durch eine Fahrweise mit zahlreichen Kaltstarts und Kurzstreckenfahrten. Diese ganze Abschaltungen führen letztlich dazu, dass nur noch in wenigen Betriebsmodi das NOx reduziert wird. Und es keimt der Verdacht, dass die Hersteller wohl gar nicht in der Lage sind, die Abgaswerte über größere Betriebsbereiche einzuhalten.

Durch diese ganzen Skandale, der letzten Zeit ist das Image des Diesels stark angeschlagen. Der Diesel wurde gerade von den Deutschen Herstellern in den letzten 25 Jahren gepuscht, andere Entwicklungen wurden sträflich vernachlässigt. Es stellt sich berechtigterweise die Frage: "Warum setzt man eigentlich nicht verstärkt auf den Erdgasantrieb oder den Hybriden?" Erst jetzt scheint man langsam zu begreifen, dass man zu lange aufs falsche Pferd gesetzt hatte und eine einseitige Entwicklungspolitik zum krebserregenden, Ruß ausstoßenden Diesel gefördert hatte.

Quellen: BMVI, ZDF (Frontal 21), VW,


Autor: Johannes Wiesinger

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