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Schülerreaktionen auf den Irakkrieg, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer! |
Hans-Dietrich Zeuschner
Ein Leserbrief an ERZIEHUNG UND
WISSENSCHAFT
„EIN NEUER JUGENDPROTEST“
ist der Leitartikel in E&W Nr.4/03 betitelt. In der Bildunterschrift auf Seite 1
heißt es u.a.: „An den Massenprotesten gegen die Kriegspolitik der Regierung Bush waren
auffallend viele junge Leute, Schülerinnen und Schüler beteiligt. Ausdruck
dafür, dass die Mühen des historisch-politischen und sozialkundlichen
Unterrichts erfolgreich waren.“
Ich frage:
·
Darf man zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich schon von einem
„neuen Jugendprotest“ sprechen oder
haben nicht vielmehr einzelne Protestveranstaltungen, organisiert von
Institutionen der Friedensbewegung, sowie, überwiegend am ersten Tag des
Irakkrieges, einzelne Protestaktionen von Schülern und Schülerinnen
stattgefunden?
·
Haben Schülerinnen und Schüler ihre „politische Naivität“ bereits
verloren, wenn sie sich ein oder zwei Mal demonstrativ für eine friedliche
Lösung des Irakkonflikts eingesetzt haben?
·
Wie hoch ist der Prozentsatz der
Kinder und Heranwachsenden, die
in der Bundesrepublik protestiert haben, kleiner als
10% evtl. unter 5% ?
Auf Grund meiner Erfahrungen als Politiklehrer vertrete
ich die Ansicht, dass das Gros der Schüler und Schülerinnen, die an
Protestveranstaltungen teilgenommen haben, noch weit davon entfernt ist,
dem Anspruch der Qualifikation 6 der Nds RRL Pol BBS: „Fähigkeit und
Bereitschaft, das Lebensrecht und die Eigenständigkeit anderer Nationen und
Kulturen anzuerkennen, für eine gerechte Friedensordnung und für die Interessen
benachteiligter Völker einzutreten, auch wenn dadurch Belastungen für die eigene
Person und Gesellschaft entstehen.“ zu genügen.
Ein Aspekt, der an vielen Schulstandorten für Unruhe gesorgt hat, wird in
dem Leitartikel nicht angesprochen. Er
kommt in einem Leserbrief in der Landeszeitung für die Lüneburger Heide
vom 07.04.03 zum Ausdruck. Darin haben Schulleiter aus Scharnebeck bei
Lüneburg den Abbruch einer gemeinsamen Friedensdemonstration der Schüler aus
drei Schularten damit begründet, dass die Veranstaltung während der Schulzeit sowie innerhalb der Schule stattgefunden
hätte und die Schulleiter vorher
nicht um Erlaubnis gebeten worden seien.
„Die Schüler sollen fähig werden, …… ihre Beziehungen
zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität
……. zu gestalten, …….“ „Die Schule
soll Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern den Erfahrungsraum und die
Gestaltungsfreiheit bieten, die zur Erfüllung des Bildungsauftrags erforderlich
sind.“ (Nds SchG) Angesichts dieser schulrechtlichen Vorschrift stellt sich die
Frage: Warum ist an den betreffenden Schulen die (hoffentlich nur) einmalige
Gelegenheit versäumt worden, am ersten
Tag des Irakkrieges eine Demonstration, organisiert von Lehrern und Schülern,
mit Genehmigung und Unterstützung der Schulleitungen, zu veranstalten?
Ich
nenne es Zivilcourage, wenn Schüler und Schülerinnen am ersten Tag des
Irakkriegs Unterrichtsstunden unentschuldigt versäumt und damit einen Verweis
riskiert haben. Für das Stellen und die Genehmigung eines offiziellen
Urlaubsgesuchs hat in der Regel die Zeit
nach Schulbeginn nicht ausgereicht. Jeder Politiklehrer
müsste m. E.
das politische Interesse der Schüler, die Friedensdemonstrationen
spontan organisiert bzw. daran teilgenommen haben, ausdrücklich begrüßen und den
betroffenen Schülern und Schülerinnen bei den nachfolgenden Auseinandersetzungen
mit den Schulleitungen beratend zur Seite stehen. Dass der Konflikt im
Unterricht thematisiert werden muss, versteht sich von selbst.
Wiesinger
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