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Von zentraler Bedeutung: Der Schwerpunkt |
Nur wer den Sinn und die Bedeutung dieses Begriffs kennt, kann mit ihm arbeiten.
Der „Elchtest“
ist noch nicht aus dem Vokabular der Automobilexperten gestrichen, da
liest man, dass bei US-Ford-Geländewagen der Motor zu hoch angeordnet
sein soll, eine Tatsache, die bekanntlich bei Geländefahrten gefährliche
Konsequenzen für die Insassen haben kann. - In natura oder im Fernsehen
sehen die Schüler, dass sich die Fahrer bei Motorradrennen im wahrsten
Sinne des Wortes in die Kurve legen. Manchem Anfänger ist die
Nachahmung dieser Fahrweise - aus für ihn mehr oder weniger
unerfindlichen Gründen - zum Verhängnis geworden, ebenso wie das
Fahrverhalten von durch Front- und Heckspoiler getunten Pkws. |
Anmerkung:
Ein weiterer Gastbeitrag von Hans-Dietrich Zeuschner, der ein gutes Beispiel für handlungsorientierten Unterricht liefert. |
Das
hypothetische Konstrukt „Schwerpunkt“
spielt im wahrsten Sinne des Wortes die zentrale Rolle, wenn es z.B. im
Technologieunterricht um die Wirkung bzw. im Mathematikunterricht
um die Ermittlung
von
Kraftfahrzeugen bzw. von Fahrzeugen allgemein
geht. |
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Angesichts des hohen Stellenwertes überrascht es, dass der Schwerpunkt in den Stichwortverzeichnissen von Lehrbüchern für Kfz-Technik, Karosserie- und Fahrzeugbau sowie Landtechnik – Tabellenbücher ausgenommen - nur selten genannt wird. Möglicher Weise sind die Autoren davon ausgegangen, dass seine Ermittlung bereits im Physikunterricht des Sekundarbereichs I erfolgt sei. In den drei nachfolgend aufgeführten Zitaten wird der Schwerpunkt auf unterschiedlichen Stufen der horizontalen und der vertikalen Reduktion definiert bzw. in seiner Funktion beschrieben. |
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Beispiele: A „Der Schwerpunkt ist der Massenmittelpunkt eines starren Körpers.“ (Traktorlexikon) B
„In Bezug auf eine durch den Schwerpunkt gehende Achse heben sich alle
Momente der Teilschwerkräfte auf...... C „Der Punkt des Körpers, der allein unterstützt zu werden braucht, damit der Körper in jeder Lage sich im ´Gleichgewicht´ befindet“ (Schlag nach Natur) |
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Es steht außer Frage, dass lediglich die „Verkündigung“ dieser Texte als Merksätze im Unterricht, es z.B. einem BS-Schüler nicht ermöglichen, den Begriff „Schwerpunkt“ in seiner ganzen Tragweite zu erkennen. Deshalb werden zur Erklärung im Unterricht, soweit bekannt, die drei nachfolgend beschriebenen Vorgehensweisen angewendet. |
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1.
Lösen einer Mathematikaufgabe Die
Schüler bekommen eine Zeichnung, aus der die Lage der Einzelschwerpunkte
z.B. Zur Lösung wird die gegenständliche Zeichnung zunächst auf ein Hebelsystem reduziert. Anschließend findet man über eine Momentengleichung (Bild 1 )den horizontalen Schwerpunktabstand (Bild 2)entweder zur Vorder- oder zur Hinterachse, je nach Ansatz. |
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Bild 1 Momentengleichung |
FV = Gewicht der Vorderachse, kpl. FM = Gewicht des Motors, kpl. FG = Gewicht des Getriebes mit Kupplung, kpl. FK = Gewicht der Karosserie mit Einbauten, kpl. FH = Gewicht der Hinterachse, kpl. FGges´ = Gesamtgewicht´
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Formel ( bezogen auf die Vorderachse ) | |
Bild
2 Schwerpunktabstand
Quelle: Europa Tabellenbuch - Kfz |
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Anmerkungen
des Autors: Der
Aufwand zur Vorbereitung ist in diesem Falle gering, die Vorgehensweise
rezeptiv. Nach einem vorher eingeübtem Schema (Momentengleichung) wird
eine Aufgabe – nicht ein Problem – gelöst. Zusammenfassend kann
gesagt werden, dass diese Form zur Klärung des Begriffs Schwerpunkt ungeeignet ist, sie ist
diametral zum Forschend – entwickelnden Unterricht angesiedelt. |
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Durch
die 1. Neuordnung der gewerblich-technischen Ausbildungsberufe im Jahre
1989 ist der Experimentalunterricht zum
integralen Bestandteil der didaktischen Konzeption des Unterrichts in den
Fächern der beruflichen Fachrichtung geworden. Am Experiment orientierte
Ansätze, unter den Begriffen Demonstrations- bzw.
Experimentalunterricht, Labor- bzw. Experimentalübung, Schüler- bzw.
Lehrerversuch bekannt, haben
in der Berufspädagogik eine Jahrzehnte lange Tradition. Daher darf die
Durchführung von Demonstrationen und von Versuchen im
naturwissenschaftlich-technischen Unterricht der Berufsschule
(zusammengefasst Experimentalunterricht genannt) als ein erprobtes und
bewährtes methodisches Instrument bezeichnet werden. Demonstrationen
und Versuche im Berufsschulunterricht für gewerblich-technische
Ausbildung fördern u.a.
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Wesentliche
Phasen experimentierenden Lernens sind:
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Bei Demonstrationen gehen die unterrichtlichen Impulse i.d.R. von der Lehrkraft aus. Eine erfolgreiche Demonstration setzt aktive Lernhaltung der Schüler/Schülerinnen voraus, die Aufmerksamkeit, Konzentration und geistige Anspannung erfordert, um gezielt beobachten, analysieren und verknüpfen zu können Bei der Durchführung von Versuchen liegt die Handlungsinitiative im wesentlichen bei den Schülern/Schülerinnen. Die Lehrkraft wird aufgaben- und situationsbezogen von behutsam-zurückhaltend bis planvoll-gezielt die Phasen begleiten bzw. betreuen.[3] Soweit bekannt, werden beide Formen des Experimentalunterrichts, zur Ermittlung des hypothetischen Konstrukts „Schwerpunkt“ beschritten. |
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2.
Demonstration Der
Lehrer ermittelt durch eine Versuchsreihe den gesuchten Punkt. Dafür
wird z.B. ein zweidimensionales Fahrzeugmodell im Seitenriss
benötigt, das am zweckmäßigsten aus Stahlblech oder Sperrholz
angefertigt wird. Die Durchführung eines Versuchs gestaltet sich
folgendermaßen: Das Modell wird an einem beliebigen Punkt am Rand
aufgehängt. Vom
Aufhängepunkt aus wird das Lot gefällt und entlang dessen eine Linie auf
dem Modell gezogen. Gleichermaßen wird von einem zweiten, möglichst noch
von einem dritten Aufhängepunkt aus verfahren. Die Schüler erkennen,
dass sich die zwei bzw. drei Linien in einem Punkt schneiden.
Diese werden vom Lehrer
„Schwerlinien“ benannt, folglich bekommt der Schnittpunkt den Namen
„Schwerpunkt“. Seine Lage kann, bezogen auf die Aufstandspunkte der
Vorder- oder der Hinterräder zweidimensional vermaßt werden. Sofern das
Modell ausreichend breit ist, kann das Ergebnis der Versuchsreihe durch
einen bekannten Balanceakt auf einem Finger verifiziert werden, indem das
Modell lotrecht unter dem Schwerpunkt unterstützt wird. |
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Anmerkungen
des Autors: Dieser
Versuch liefert ein zweidimensionales Ergebnis. Es empfiehlt sich, die
dritte Dimension (Z-Achse) ebenfalls in die Betrachtung einzubeziehen.
Hierfür ist die vorstehend beschriebene Versuchsdurchführung mit einem
Fahrzeugmodell im Aufriss zu wiederholen. Die
i.d.R. im Physikunterricht geübte Praxis, für die Versuchsreihe eine
unregelmäßig geformte Platte oder auch ein Tafeldreieck zu verwenden,
ist für den Technologieunterricht in Kfz-Klassen nicht zu empfehlen.
Das Kfz-Modell besitzt einen höheren Anschauungsgrad und bietet
zudem den Vorteil, dass der Schwerpunkt
zweidimensional regelgerecht vermaßt werden kann. [4]
Zur
Vorbereitung dieser Vorgehensweise ist, falls noch nicht vorhanden, ein
Modell anzufertigen sowie ein Lot mit Faden und ein Schreiber bereit zu
legen. Diese Demonstration bietet die Möglichkeit, Schüler in mehr oder
weniger großem Umfang zu beteiligen, sie evtl. völlig selbständig –
u.U. mit verschiedenen Modellen - agieren zu lassen.
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3. Versuch Aufwendiger
ist es, die einzelnen Radlasten sowie die Achs- und die
Radabstände an einem Original-Kraftfahrzeug mit Hilfe einer Fahrzeugwaage
(siehe Bild 4) und eines Maßbands zu ermitteln.
Bei dieser Vorgehensweise werden nach der Die Höhe des Schwerpunktes über der Standebene kann durch das einseitige Anheben des Fahrzeugs (vgl. Bild 5) mit Hilfe des gewählten Aufhängewinkels und der sich hieraus ergebenden Achslasten berechnet werden[5]. Da der Schwerpunkt bei Limousinen einheitlich mit nur geringen Abweichungen bei ca. 40% der Fahrzeughöhe liegt, kann für diese Bauart auf diese doch recht aufwendige Versuchsdurchführung verzichtet werden. |
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Sl Sh Sv Sr Bild 3 SGrundriss |
Verbindungslinie
der Radaufstandspunkte
Sx Schwerpunkt vf
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Anmerkungen
des Autors: Ohne
den vorstehend genannten „Aufhängeversuch“
erhält man hier ein zweidimensionales Ergebnis. Der große Vorteil dieser
Art des Experimentalunterrichts liegt
auf der Hand: Exemplarisch können die Schüler
fächerübergreifend angeleitet werden, einen Versuch systematisch zu
planen, durchzuführen, zu protokollieren und auszuwerten. Sofern
die Ermittlung der Daten mit einem Original-Fahrzeug und einer Fahrzeugwaage Probleme bereitet, können als Ersatz
ein Kinderauto und vier Personenwaagen dienen, ggf. muss durch
asymmetrische Zuladung der Schwerpunkt aus der Fahrzeugmitte des
Versuchsfahrzeugs verlagert bzw. die Gesamtmasse erhöht werden.
Die
Vorbereitung für diese Form des Experimentalunterrichts ist im Vergleich
zu den beiden anderen erheblich größer. Ein Fahrzeug (Modell mit
Zuladung) sowie eine
Fahrzeugwaage (Personenwaagen), dazu Maßband und Kreide werden zu
Ermittlung der Messwerte benötigt.
(Bild 4) Das Experiment ist in besonderem Maße geeignet, Forschend entwickelnden Unterricht zu realisieren, in dem lernerzentriert, handlungsorientiert, aktivitäts- und selbständigkeitsfördernd sowie fachübergreifend gearbeitet wird. Im Mittelpunkt des Lernprozesses steht ein Problem, bei dessen Lösung der Lehrkraft lediglich eine “ergänzende Funktion“ [6] zugeordnet ist. Auch zwölf Jahre nach der 1. Neuordnung der Metall- und Elektroberufe ist der Appell an die BBS-Lehrerschaft angebracht, die Aspekte Forschen und Entwickeln stärker im Unterricht zu berücksichtigen. |
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Bild 4 (Herr Culemann, ein Kollege Herrn Zeuschners, bei der Versuchsvorbereitung) |
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Dieser
realitätsnahe Versuchsaufbau ist mit Erfolg in Klassen der Berufsgruppe
Fahrzeugtechnik zur Schwerpunktermittlung eingesetzt worden. In
Landmaschinenmechaniker-Klassen dient er darüber hinaus dazu, die Be- und
Entlastung der Achsen durch Anbaugeräte im Experimentalunterricht d.h.
durch Lehrerexperimente oder durch Schülerversuche zu untersuchen. Die
vier verwendeten Personenwaagen haben eine Teilung von 100 g.
Um aussagekräftige Versuchsergebnisse zu bekommen, können die
Achslasten durch Zuladung symmetrisch
oder asymmetrisch geändert werden. Diese Variabilität bietet den
weiteren Vorteil, dass Schülergruppen bei der Ermittlung des
Schwerpunktes im Grundriss mit unterschiedlichen Werten zu arbeiten haben.
Zur Dokumentation des Lernerfolgs hat jeder
Schüler einen Versuchsbericht mit der üblichen Struktur abzuliefern. Das
Versuchsergebnis stellt die in Bild 3 dargestellte Zeichnung in
maßstäblicher Ausfertigung dar. |
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Bild 5 (aufgehängter Traktor) | |
Dieses Foto vermittelt einen Eindruck vom Versuchsaufbau für die Ermittlung des vertikalen Schwerpunktabstands eines Ackerschleppers. Hinweise zur Versuchsdurchführung sowie zur Berechnung sind z.B. im EUROPA Tabellenbuch für Kraftfahrzeugtechnik zu finden. Da bei Limousinen dieses Maß in der Regel bei 40% der Fahrzeughöhe liegt, kann für diese Bauart auf den doch recht aufwendigen Versuch verzichtet werden. Weil die Schwerpunkthöhe bei Ackerschleppern und Nutzfahrzeugen eine wesentlich größere Rolle spielt, muss sorgfältig überlegt werden, ob in Klassen für angehende Landmaschinenmechaniker bzw. Karosserie- und Fahrzeugbauer auf diesen Versuch verzichtet werden darf. |
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Quellenangaben und Kommentare des Autors: [1] Vgl. Hrg. Nds Min Kult: Hinweise zur Durchführung von Demonstrationen und Versuchen (Experimentalunterricht) im fachtheoretischen Unterricht der Berufsschule, Hannover 1993 [zurück] [2] Kirchhof, R.: Didaktisch/methodische Modelle, Detmold, 1991, S13 f [zurück] [3] Zeuschner, H.-D. u.a.: Informationen für die Planung eines Kfz-Centers, Lüneburg, 1995 (Tischvorlage, unveröffentlicht) [zurück] [4] Bei dieser Art der Schwerpunktfindung sollte nicht versäumt werden, den Erklärungsansatz für das beobachtete Phänomen zu liefern: Bei einem drehbar aufgehängten Körper ist sein Schwerpunkt bestrebt, eine Lage einzunehmen, die lotrecht unter dem Aufhängepunkt liegt. Kommt der Körper zur Ruhe, so kann durch die Gewichtskraft kein Moment erzeugt werden, da der zugehörige Hebelarm gleich Null ist [zurück] [5] Differenzierte Angaben hierüber sind z.B. in Hrg. Verlag EUROPA-Lehrmittel: Tabellenbuch Kraftfahrzeugtechnik, Haan-Gruiten, 2000, S.74 ff. zu finden. [zurück] [6] Kirchhof,R. ebenda S. 16
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Der Gastbeitrag von Hans-Dietrich Zeuschner wurde inhaltlich weder gekürzt noch verändert.
Weitere Beiträge von Herrn Zeuschner finden sie hier.
Vielen Dank Herr Zeuschner!
Wiesinger
überarbeitet: 19.02.15