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Kraftübertragung

Allradantriebe - Allradsysteme im Überblick

Ein Antriebsrad kann immer nur so viel Kraft auf die Fahrbahn übertragen wie es die Reibungskraft zwischen Reifen und Fahrbahn zulässt. Ein Allradfahrzeug kann im Prinzip doppelt so viel Antriebskraft übertragen wie ein Auto mit nur 2 Antriebsrädern (vorausgesetzt die Gewichtsverteilung VA : HA ist gleich).

Im folgenden eine kleine Übersicht über verschiedene Allradantriebssysteme

 
Legende zu den folgenden Bildern

Zuschaltbarer Allradantrieb

Die preisgünstigste Form eines Allradsystems ist der zuschaltbare Allradantrieb, der üblicherweise Four-Wheel-Drive genannt wird. Benötigt werden:

  • Antriebswellen und Differenzial für die zweite Achse,

  • Kardanwelle,

  • Klauenkupplung,

Four-Wheel-Drive

Der zuschaltbare Antrieb der zweiten Achse macht aus Front- oder Hecktrieblern Allradautos.

  • Einfache, robuste Konstruktion
  • erfordert manuellen Eingriff.

Drehmomentverteilung:

Vorderachse zu Hinterachse 50% : 50% *

*siehe Anmerkung am Ende des Beitrags

Visco®-Kupplung

Komfortabler arbeiten Systeme mit Visco®-Kupplung, die automatisch zuschalten. Sie kann im Gehäuse eines Ausgleichsgetriebes integriert sein oder zwischen den Achsgetrieben von Vorder- und Hinterachse angebracht sein. 

  • Automatische Zuschaltung der zweiten Achse durch Visco®-Kupplung (Visco® ist ein eingetragenes Markenzeichen der MAHLE Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart).

  • Durch Bremseingriff Verbesserung der Traktion.

  • Nur geringe Verspannungen auf Asphalt.

  • Drehmomentverteilung:
  •  Vorderachse : Hinterachse 98% : 2% bis 2% : 98%

 

Sie besteht im wesentlichen aus einem Gehäuse und einer Nabe in dem sich außen- und innenverzahnte Lamellen befinden. Außerdem befindet sich noch eine Silikonflüssigkeit darin. Bei großen Drehzahlunterschieden zwischen den Antriebsrädern wird die Silikonflüssigkeit abgeschert. Die Folge ist ein Druck- und Temperaturunterschied, der eine Sperrung bewirkt. Der Drehzahlausgleich wird gesperrt, das Rad mit de besseren Bodenhaftung erhält schlupfabhängig mehr Drehmoment.

Visco® 

Viscokupplung

Visco®-Kupplung

 

Nachteile

  • in Extremsituationen erreicht das System nicht das Drehmoment der fest miteinander verkuppelten Achsantriebe.

  • für eine ordentliche ABS-Funktion ist ein Freilauf für die Visco®-Kupplung erforderlich,

  • der Freilauf wiederum benötigt für das Rückwärtsfahren eine zusätzliche Sperre.

  • Verspannung der Lenkung und beim Rangieren

  • nicht kompatibel mit ABS, ASR oder ESP

Merke: Bei einem Ausgleichsgetriebe mit Ausgleichssperre wird dem Rad mit der besseren Bodenhaftung mehr Drehmoment zugeteilt.

Hydraulisch betätigte Lamellenkupplung

Die gekonnte gemischte Anwendung verschiedener Prinzipien kann bemerkenswerte Resultate erbringen:

  • hinten mech. 100-Prozent-Sperre,

  • vorn Bremseingriff

 

Hydraulisch betätigte Lamellenkupplungen sind sehr vorteilhaft:

  • Sie reagieren selbsttätig auf kleinste Drehzahlunterschiede.

  • Sie erlauben eine elektronische Beeinflussung (Haldex):

Haldexkupplung


Die
Haldex-Kupplung im VW Golf 4Motion reagiert beispielsweise auf Bewegungen des Gaspedals.

Haldex Kupplung

Drehmomentverteilung: Vorderachse : Hinterachse 100% : 0% bis 0% : 100%

(siehe hierzu den Bericht zur Haldex)

Merke: Der Sperrwert gibt an, wie viel Drehmomentunterschied zwischen dem linken und rechten Antriebsrad einer Antriebsachse bzw. zwischen 2 Achsgetrieben der Vorder- und Hinterachse von Allradfahrzeugen möglich ist.

Wirklich permanenter Allradantrieb setzt ein zentrales Differenzial zwischen den Achsen voraus (Mittendiffernzial).

Ohne wirksame Sperren für das zentrale Differenzial und die der beiden Achsen bleiben die Fähigkeiten im Morast jedoch begrenzt.

Kostengünstig ist die Simulation der Sperren durch einen automatischen Bremseingriff an den durchdrehenden Rädern. Diese milde Technik vermeidet jegliche Verspannung im Antrieb beim Rollen auf Asphalt, kommt unter erschwerten Bedingungen aber sehr früh an seine Grenzen.

Mittendifferenzial

Nur mit Mittendifferenzial:

 permanenter Allradantrieb

Bei Planetenbauweise (P) kann gezielt eine ungleichmäßige Kräfteverteilung auf die beiden Achsen erreicht werden

  • mit automatischem Bremseneingriff

Drehmomentverteilung 

z.B.: Vorderachse : Hinterachse 35%:65%

 

Eine vergleichsweise simple Bauart eines Sperrdifferenzials stellt das Torsendifferenzial dar. Seine Sperrwirkung steigt automatisch mit der Last. Aber es kann nicht an die Situation angepasst reagieren. 

Torsendifferenzial

Das zentrale Torsendifferenzial sperrt unter Last. 

Im Schiebebetrieb öffnet die Sperre:

  • gut fürs ABS-Bremsen, 

  • schlecht fürs Rückwärtsfahren 

  • und steile Bergpassagen

Drehmomentverteilung:

 Vorderachse : Hinterachse 22% : 78% bis 78% :22%

 

Das Grundprinzip beruht auf der Selbsthemmung zwischen Schneckenrad und Schnecke eines Schneckengetriebes.

Nachteile:

  • Es versagt beim Rückwärtsfahren und

  • wenn ein Rad in der Luft hängt

  • oder auf Eis steht.

Hier helfen Lamellensperren weiter, die hydraulisch betätigt und von einer Steuerelektronik beaufsichtigt werden, die die Signale der ABS-Sensoren auswertet.

Einsatz in schwierigem Gelände

Hier wird ein Vorgelege mit kurzer Geländeübersetzung vorausgesetzt. Fehlt es, wird beim Versuch, die Möglichkeiten des Antriebs wirklich auszuschöpfen, rasch die Kupplung verschlissen oder ein Automatikgetriebe überhitzt. Das Reduktionsgetriebe ist auch, zusammen mit mechanischen 100-Prozent-Sperren, die beste Garantie für das Meistern steiler Bergabpassagen im Geröll.

Das Beste für schweres Gelände:

  • Vorgelege

  • plus drei einzeln schaltbare mechanische 100-Prozent-Sperren

Erfordert Können und Köpfchen beim Fahren

 

Doch unabhängig von der Frage der Differenziale und Sperren gilt es noch etwas festzuhalten:

Die Limits im Gelände liegen selten bei der Technik, sondern liegen beim Fahrer.

 

Noch einige Anmerkungen zu Allrad und Ausgleichsperren (als Längs- und Quersperren)

Man unterscheidet schaltbare und selbsttätige Ausgleichssperren.  

Klauenkupplungen als schaltbare Ausgleichssperren von Achsgetrieben verbinden die rechte Achswelle drehfest mit dem Ausgleichsgehäuse und dem Tellerrad. Sie sperren zu 100 %. Das Schalten erfolgt entweder von Hand oder pneumatisch. Bei normalem Straßenbetrieb müssen diese ausgeschaltet werden, um zu große Verspannungen im Antriebsstrang zu vermeiden. 

Momentan sind folgende selbsttätige Ausgleichssperren bekannt:

  • Ausgleichssperre mit Lamellenkupplungen

  • Torsen-Differenzial

  • Visco®-Kupplung

  • Automatisches Sperrdifferenzial (ASD)

  • Elektronische Differenzialsperre (EDS)

  • Haldex-Kupplung

  • Mercedes 4-Matic

Der Drehzahlausgleich wird selbsttätig gesperrt. Dem Antriebsrad mit der besseren Bodenhaftung wird mehr Drehmoment zugeführt.

Kleindorfer | Wiesinger

geändert:

Das könnte auch interessant sein.: Die Haldex-Kupplung | Allrad Audi Quattro | Sperrdifferenzial |

An dieser Stelle wird ein Leserbrief von Herrn Heinrich S. abgedruckt, der ein Missverständnis bezüglich der Drehmomentenverteilung im Zusammenhang mir dem Allradantrieb aufklären möchte.

Sehr geehrte Redaktion,

in Ihrer Darstellung der Allradantriebe geben Sie für die drehsteife Verbindung von Vorder- und Hinterachse ein Drehmonentverhältnis von 50:50 an. Ich erlaube mir den Hinweis, dass dies nicht zutrifft, auch wenn dies hartnäckig immer wieder behauptet wird. Dieser starre Durchtrieb bewirkt identischde Drehzahlen an den beiden Achsen, nicht aber identische Drehmomente.

Welche Drehmomente bzw. Vortriebkräfte sich ergeben, das hängt von den Reibungsverhältnissen zwischen Reifen und Fahrbahn ab. Steht beispielsweise eine Achse auf Eis, drehen sich zwar beide Achsen mit der vorgegebenen identlischen Drehzahl, aber die eine dreht fast leer durch, überträgt vielleicht 2 Prozent der Vortriebskraft. Die restlichen 98 Prozent landen bei der anderen Achse, was das Fortkommen bewirkt.

Wenn der Wagen eine Kurve befährt oder eine Rampe aufwärts oder abwärts in Angriff nimmt, können sogar negative Vortriebskäfte entstehen. Ohne Sperre drehen sich beispielsweise die Vorderräder bei Kurvenfahrt schneller als die Hinterräder. Zwingt ihnen nun eine Zentralsperre gleiche Drehzahlen auf, hängt es von der Radlastverteilung ab, ob die "schnellere" Vorderachse die Hinterachse zum leichten Durchdrehen bringt oder die "langsame" Hinterachse die Vorderachse abbremst, bis Schlupf entsteht. Umgangssprachlich bezeichnet man solche Zustände gern als Verspannung im Antrieb.

So können sich rasch Kräfteverhältnisse beispielsweise von + 150 : - 50 Prozent ergeben. In leichtem Gefälle kann die Verspannung ausreichen, das Wegrollen des Wagens zu verhindern. Weil in diesem Fall die Motorkraft gleich null ist, ergibt sich für diesen mehr theoretischen Fall ein Kräfteverhältnis von plus unendlich : minus unendlich. Eine exakte und auch zutreffende Angabe von Drehmonentverhältnissen ist ausschließlich dann möglich, wenn keine Sperren gleich welcher Bauart im Spiel sind.

Mehr zu den Antriebswellen des Hinterradantriebs und des Frontantriebs

Quellen: www.auto-t-online.de | Europa Fachkunde

Visco® ist ein eingetragenes Markenzeichen der MAHLE Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart.

Grafiken: auto, motor und sport | Volkswagen |




Johannes Wiesinger

bearbeitet:

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