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Der Gelenkspieltester


von kfztech.de getestet: Der Gelenkspieltester

Wird an einem Fahrzeug beim Kundendienst in der Werkstatt übermäßig einseitiger Reifenverschleiß festgestellt, wird man vermutlich eine Achsvermessung durchführen. Zuvor wird man aber sinnvoller Weise der Ursache auf den Grund gehen müssen, da wohl ein Fehler in den Radstellungsgrößen den Verschleiß bewirkt haben dürfte.  Auch sind polternde Geräusche, schlechter Geradesauslauf oder schwammiges Lenkverhalten ein Hinweis darauf, dass mit Radaufhängung oder Lenkung etwas nicht stimmt. Häufig ist schließlich die Ursache bei derlei Fahrwerksproblemen in zu großen Spielen durch Verschleiß in den Gelenken der Aufhängung oder der Lenkung zu finden.

Wenn eine Werkstatt es sich leisten kann und mag, besitzt sie vielleicht einen elektro-hydraulischen Gelenkspieltester zum Fahrwerkstest, wie sie der Autofahrer von TÜV oder Dekra her kennt.

In den meisten Fällen jedoch, wird zur Untersuchung durch den Kfz-Mechatroniker die folgende manuelle Prüfmethode angewandt. Er wird das Fahrzeug auf der Hebebühne anheben und durch Drücken und Ziehen mit den Händen an den Rädern oder mit dem Montiereisen an Trag- und Spurstangengelenken die Aufhängung auf eventuelle Spiele hin untersuchen.

Der Kraft der Hände sind allerdings Grenzen gesetzt.

Auch hängen bei dieser Methode die Räder frei nach unten, Gelenke und Gummilager befinden in einer verspannten Lage, wie sie im Fahrbetrieb so nicht vorkommt.

So werden unter Umständen manche Fehler am Fahrwerk einfach übersehen.

Beim vorgestellten Gelenkspieltester, der das Hebelgesetz geschickt ausnützt, steht das Fahrzeug hingegen auf dem Boden in seiner natürlichen Lage. Bei ihm wird man auch Elektronik vergeblich suchen.

TUEV 

Der Sachverständige des TÜV bei der Überprüfung von Taggelenken während einer Hauptuntersuchung. Die Lampe dient zum Einschalten des elektrohydraulischen Gelenkspieltesters.

Beim getesteten Gelenkspiel- und Aufhängungsprüfgerät der Firma HG Fahrwerksprüftechnik handelt es sich eigentlich um zwei verschiedene Prüfgeräte: die Prüfplatte und die Haltekralle. Während des Tests verwendet der Prüfer zur Auswertung lediglich seine eigenen Sinne. Die Augen sehen ein eventuelles Spiel an Fahrwerksteilen, die Hände spüren und die Ohren hören den Verschleiß. Im Grunde soll mit den beiden Prüfgeräten der Fahrzustand nachvollzogen werden. Es lassen sich Fahrzustände wie Anfahren, Bremsen und Kurvenfahrt simulieren.

 Prüfplatte

Mit der Prüfplatte kann durch Hin- und Herbewegen des Rades mittels Prüfhebel der Verschleiß in Traggelenken, Radführungselementen und Gummimetallverbindungen an Vorder- und Hinterachse bereits im Anfangsstadium festgestellt werden.

Die Prüfplatte

 Mit der Prüfplatte kann durch Hin- und Herbewegen des Rades mittels Prüfhebel der Verschleiß in Traggelenken, Radführungselementen und Gummimetallverbindungen an Vorder- und Hinterachse bereits im Anfangsstadium festgestellt werden.

Die Kräfte, die das Rad beim Anfahren, beim Bremsen und bei der Kurvenfahrt hin- und herbewegen, können mit diesem Gerät simuliert werden. Durch das feinfühlige Hin- und Her-, Vor- und Zurückbewegen des Prüfhebels entsteht kein Geräusch, so dass eine Verschleiß- und Geräuschfindung nicht durch Nebengeräusche beim Prüfen beeinträchtigt wird. Durch Einwirken geringer Kräfte zwischen Zug- und Druck lässt sich auf einfache Weise der Verschleiß feststellen. Wenn in den sicherheitsrelevanten Bauteilen des Fahrzeugs Verschleiß vorhanden ist, wird dieser nämlich als Spiel  am Prüfhebel mehrfach vergrößert an den Prüfer übertragen. Wenn es um Geräuschermittlung geht, ist der Verschleiß für den Prüfer fühlbar, nach Betätigung des Hebels sogar hörbar.

 

Die Haltekralle

Durch das zweite Gerät, die Haltekralle, lassen sich Querlenker oben, Federbeindomlager, Spurstangenendstücke (rechts) an der Vorderachse und Radführungselemente an Vorder- und Hinterachse ebenfalls durch einfaches Hin- und Herbewegen prüfen.

Zur Prüfung wird die Bremse mit einem mitgelieferten Bremsenfeststeller festgesetzt. Die Haltekralle ist eine ideale Ergänzung zur Prüfplatte.

Mit der Spindel ist sie sehr schnell am zu prüfenden Rad angebracht, ohne das dabei das Fahrzeug bewegt werden muss.

 

Mit der Haltekralle lassen sich Querlenker oben, Federbeindomlager, Spurstangenendstücke an der Vorderachse und Radführungselemente an Vorder- und Hinterachse ebenfalls durch einfaches Hin- und Herbewegen prüfen. Im Bild Hinrich Grebener der Entwickler des Gelenkspieltesters.

Haltekralle

Einsatzort und Wartung

Die Geräte sind mobil einsetzbar, z.B. auf einer Viersäulen-Hebebühne, aber auch an einer Arbeitsgrube oder direkt auf dem Werkstattboden. Wichtig ist nur, dass sich die Bodenplatte dazu auf einen ebenen und festen Untergrund befindet. Die Prüfplatte ist durch Transporträder einfach zum Prüfort zu transportieren. Es sind weder Strom noch Druckluft für den Gebrauch des Gelenkspieltesters erforderlich. Nach Gebrauch lassen sich die Prüfgeräte beispielsweise an einer selbst gefertigten Wandhaken Platz sparend verstauen.

 Der kugelgelagerte Gelenkspieltester ist im Prinzip wartungsfrei. Hin und wieder sollten vielleicht die Schraubverbindungen und Gelenke auf Festigkeit und Gängigkeit überprüft werden.

Nutzfahrzeuge

 Die Standardausführung des Gelenkspieltesters ist für PKW und Transporter bis 3,5 t geeignet. Mittlerweile gibt es auch eine Haltekralle für Zugmaschinen, Busse und Anhänger. Ein einziger Prüfer ist damit dank Hebelgesetz in der Lage die Gelenke der Lenkung zu überprüfen.  Durch leichtes Anheben der Vorderachse direkt am Rad können Achsschenkel und auch Doppelquerlenkervorderachsen bei Bussen untersucht werden. Nach Befestigung der Kralle an einer luftgefederten Hinterachse kann durch Drehen am Rad das Kugelgelenk des Dreieckslenkers geprüft werden. Selbstlenkende Nachlaufachsen von Sattelaufliegern können ebenfalls gecheckt werden. Der Dreieckslenker von Liftachsen, der vorher fast nicht zu überprüfen war, ist mit der Kralle nun kein Problem. Durch den 2 m langen Betätigungshebel und der Übersetzung wird eine Prüferkraft von 250 N auf 10000 N vergrößert. Aus 1 mm Spiel am Gelenk werden 40 mm spürbares Spiel am Hebel.

Testergebnis

 Für Prüfplatte und Haltekralle gilt: der Verschleiß ist sichtbar, ein Geräusch, verursacht durch defekte Gelenke, sogar hörbar spürbar und am Betätigungshebel verstärkt spürbar. Dem Autor gelang es beim ersten Einsatz auf Anhieb ein defektes Traggelenk an einem Opel Zafira festzustellen. Das Spiel in einer defekten Gummilagerung eines BMW-Längslenkers war ebenfalls gut zu beobachten. Eine gewisse Übung und Erfahrung mit Fahrwerken und deren Bauteilen sowie eine Portion Grundlagenwissen sollten aber trotzdem vorhanden sein, wenn man mit dem Tester Fehler finden will. Die Grundplatte lässt sich auf einer Viersäulen-Hebebühne durch einen variablen Hebel auch von unten bedienen. Eine typische Mängelliste mit Fahrwerks- und Aufhängungsfehlern ist in Tabelle 1 zu finden. 

Fazit

Diese manuelle und mobile Prüfmethode ist eine gute und einfache sowie preisgünstige Möglichkeit um Verschleiß im Fahrwerk im Fahrzustand im Anfangsstadium feststellen zu können. Das Gelenkspiel- und Aufhängungsprüfgerät ist eine Erfindung von Hinrich Grebener aus Aurich, der diesen auch vermarktet. Der Gesamtpreis inklusive Bremsenfeststeller liegt bei 1565,- Euro, netto. Für Werkstätten, die sich keinen teuren elektrohydraulischen Gelenkspieltester leisten können, ist der Gelenkspieltester eine sinnvolle und günstige Anschaffung. Im Gegensatz zu anderen teueren Lösungen ist keine Energie wie z.B. Luft oder Strom erforderlich. Aufwendige Updates von Software und damit verbundene Folgekosten sind nicht nötig. Der Tester ist einsetzbar für alle Fahrzeuge bis 3,5 t, die sich auf dem Markt befinden, gestern, heute und auch in zwanzig Jahren.

Johannes Wiesinger

Links:

www.hg-fahrwerksprueftechnik.de

Quellen:

HG-Fahrwerksprüftechnik

Tabelle 1 Typische Fahrwerks-Mängel

Audi A4, A6, A8

  • Traggelenke an Traglenker Vorderachse,

  • obere Gelenke Hinterachse, Spurstangenendstücke

  Spurstangengelenk
Spurstangengelenk

BMW 3

  • E 36 Federbruch vorn und hinten untere Federwindung,

  • Traggelenke Vorderachse

  • E 39 Touring Abriss Stoßdämpferbefestigung hinten unten

  • E 46 Risse in der Bodengruppe Hinterachsaufnahme

  • Traggelenke Vorderachse sehr früh verschlissen

  • E 39 Querlenker Zugstrebe Vorderachse

  • Querlenkerkugelgelenk H - Achse Febi - Nr. 18901

BMW 5er E60

Vorderachsverschleiß ab 40.000 km

Citroen Saxo

Traggelenke Vorderachse nach drei Jahren verschlissen

Ford Ka, Fiesta,

Escort

Querlenker Gummimetallteile

Ford Ka

Alu-Distanzscheiben, Achszapfen Hinterachse defekt

Ford Mondeo

Querlenkergummimetalllager hinten

Ford Transit

Traggelenke V-Achse, Risse im Querlenker

Fiat Brava + Punto

Hinterachslager ausgeschlagen

Hyundai Accent

Querlenkerdurchrostung V-Achse 

Mazda 323 Ab Bj. 90

Hinterachslager durchgerostet

Mercedes A

Schwingenlager hinten defekt, Koppelstangen Stabilisator vorne

Mercedes 190

Spurstangen ausgeschlagen, Federaufnahme V-Achse weggerostet

Mercedes W 210,  95-98

Obere Federaufnahme weggerostet und abgerissen

Mercedes W211

Zugstrebenlager V-Achse defekt, Koppelstange V-Achse

Mercedes Sprinter

Traggelenke oben, Rahmenbruch hinten bei Luftfederung

Lancia Thema

Querlenkerbruch Hinterachse

Opel

Astra + Vectra

Stabilisator Achse Querlenkergummi V-Achse

Astra F.

Federbruch V-Achse im Federteller

Opel Frontera

Risse in Federaufnahme H - Achse Blattfedern

Omega B

Federbruch H - Achse

Opel Zafira

  • Spurstangenendstücke Traggelenke V - Achse

  • Koppelstangen - Stabilisator V - Achse

Porsche Boxter       

Nach Tieferlegung Risse in den Anlenkpunkten der Fahrwerksteile

Renault Twingo

Federbrüche vorne und hinten ab 30.000 km

Renault 19

Abriss der oberen Stoßdämpferbefestigung

Renault Espace

Querlenker V - Achse

Smart

Traggelenke Vorderachse defekt, Querlenkerbuchsen V - Achse, Querlenker V - Achse durchgerostet

VW Golf II, III, IV

Querlenkergummimetalllager V - Achse, Hinterachsbuchsen Golf II + III

Golf IV

  • Bei Tieferlegung Stabilisator V - Achse schlägt an Antriebswelle

  • V - Achse, Stabilisatorgummis verschlissen ab 60.000 km

Passat B 5 VW

wie Audi A4

VW Bus T 2

Traggelenke oben und unten

VW Bus T4

Traggelenke oben und unten, Spurstangenaxialgelenk





Autor: Johannes Wiesinger

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