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Der Projektname ist kein Zufall:Travolution setzt sich zusammen aus TRAffic und eVOLUTION. Der Name verdeutlicht, dass mit Hilfe „Evolutionärer Optimierungstechniken der Mathematik“ die Verkehrssteuerung in Städten wesentlich besser ablaufen könnte als bisher. Die Absicht aller Projektpartner des im Frühjahr 2006 gestarteten Vorhabens war, im Hauptstraßennetz von Ingolstadt zu zeigen, dass durch die Anwendung modernster Techniken die Wartezeiten und die Anzahl der Halte im Netz drastisch reduziert werden können. These: Die Autofahrer müssen spürbar seltener an roten Ampeln halten. Negative Folgen des städtischen Verkehrs, wie Luftverschmutzung und Feinstaub würden statistisch nachweisbar abnehmen.
Das Forschungsprojekt bestand aus zwei Teilprojekten: > Online-Optimierung der netzweiten Ampelsteuerung mit genetischen Algorithmen > Ampel-Fahrzeug-Kommunikation zur individuellen Information des Fahrers.
Nach zweijähriger Forschungsarbeit
wurde ein wegweisendes Steuerungssystem für Ampelanlagen in
Betrieb genommen. Die Fahrzeiten auf Ingolstadts Straßen, auf
denen das Projekt lief, reduzierten sich erheblich. Gleichzeitig
sparten die Autofahrer Sprit, was auch den CO2-Ausstoß
und die Belastung der Umwelt durch Feinstaub verringert.
Die Projektpartner von
Travolution
hatten das Ziel, die Ampelschaltungen in Ingolstadt im gesamten
Hauptstraßennetz zu optimieren und die
Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Fahrzeug und Ampel zu
erforschen.
Online Optimierung der
Ampeln
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Im Rahmen des ersten Teilprojekts wurden mit Hilfe komplizierter mathematischer Verfahren - so genannter genetischer Algorithmen - die Methoden der Evolution nachgebildet, um die netzweite Ampelsteuerung möglichst gut an den Verkehr anzupassen. Genetische Algorithmen sind Teil der so genannten evolutionären Verfahren in der Mathematik, mit denen man seit einiger Zeit sehr erfolgreich all jenen Problemen zu Leibe rückt, die mit herkömmlichen Verfahren nicht zu lösen sind. Und um ein solches eigentlich unlösbares Problem handelt es sich, wenn man den Verkehr in der Stadt beobachtet. |
Ampeln sind vernetzt. Intelligente Computerprogramme berechnen auf Basis des aktuellen Verkehrsaufkommens die optimale Schaltung. |
Wissenschaftler sehen die koordinierte und optimal an den erwarteten motorisierten Individualverkehr angepasste Lichtsignalsteuerung quasi als „Lebewesen“. Und die haben Eigenschaften, die – und das ist der Trick der Natur – in Form von Genen weitervererbt werden, sobald sich Lebewesen fortpflanzen. Mittlerweile unumstritten: Wie in der natürlichen Evolution entwickeln sich die besten Ampelsteuerungen im Verkehrsnetz durch Auslese und Mutation.
Im Stadtgebiet von Ingolstadt wurden für das
Forschungsprojekt 46 Ampeln mit „Balance“ ausgestattet, einer
verkehrsadaptiven Netzsteuerungs-Software der Firma Gevas.
Die Ampeln sind miteinander vernetzt, und die aus den Detektoren gewonnenen Verkehrsdaten werden zentral von einem Rechner ausgewertet. Aus den Daten erstellt der Rechner sozusagen ein mathematisches Bild des Verkehrs. In Ingolstadt wird so alle fünf Minuten eine Ampelschaltung errechnet, die bestmöglich an die aktuelle Verkehrslage angepasst ist. Das System sieht also voraus, wie sich der Verkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit entwickeln wird. Auf dieser Basis werden die Ampeln so gesteuert., dass die Straßen mit höchstmöglichem Durchsatz genutzt werden können. |
Die Ampeln des Hauptstraßennetzes in Ingolstadt wurden mit „Balance“ ausgestattet. |
Die meisten Autofahrer dürften davon nichts bemerken. Wer
realisiert schon, dass er für den Weg von außerhalb zur Arbeit in die Stadt oder
ins Audi-Werk 30 Sekunden kürzer unterwegs war? Doch die Masse macht es aus.
Messungen bestätigen, wie leistungsfähig die neue Steuerung ist.
Im Testgebiet
reduzierte sich die Wartezeit der Autos an Ampeln über den Tag verteilt um 21
Prozent. In der abendlichen Rush Hour konnten Anhalte- und Wartezeiten sogar um
ein Drittel gesenkt werden. Hochgerechnet auf ein Jahr sparen die Autofahrer mit
Ziel Ingolstadt rund 700.000 Liter Treibstoff. Das entspricht etwa 1600 Tonnen
Kohlendioxid. Die gesamten volkswirtschaftlichen Einsparungen berechneten die
Wissenschaftler auf rund eine Million Euro pro Jahr.
Im zweiten, von AUDI geleiteten Teilprojekt, das auch "Der informierte Fahrer“ genannt wird, wurde an einigen Kreuzungen die Ampel-Fahrzeug-Kommunikation erprobt. Auto und Ampel kommunizieren dabei per drahtlosem Netzwerk (WLAN oder UMTS). In der Sprache der Ingenieure heißt diese Technik "car2infrastructure" (C2I). Der Fahrer profitiert von diesem System, weil er besser über die Ampelschaltung informiert wird. So kann ihm über Anzeigen im Fahrzeug die optimale Geschwindigkeit mitgeteilt werden, mit der er ohne Halt die nächste Kreuzung überqueren wird. |
Die Ampeln kommunizieren per WLAN mit dem Fahrzeug. |
Drei Ampeln an einer verkehrsreichen Straße in Ingolstadt
haben die Ingenieure mit WLAN-Antennen (Hotspots) ausgestattet. Audi stellte
dafür zwei Versuchsfahrzeuge zur Verfügung, einen S5 und einen A6 allroad .
Über das Audi-Infotainmentsystem MMI erfährt deren Fahrer die
passende Geschwindigkeit, um die Kreuzung ohne Stopp zu überqueren. Sie
übermitteln den Versuchsautos ungefähr 200 bis 300 Meter vor der Kreuzung unter
anderem, welches Tempo der Wagen fahren muss, damit er bei Grün über die Ampel
kommt - im Rahmen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit versteht sich.
Passt der Autofahrer
die Geschwindigkeit an, wie angezeigt, kommt er genau bei Grün zur Ampel. Der
Umwelt schädigende Stop-and-go-Verkehr entfällt bei ausreichendem Verkehrsfluss.
Deshalb sprechen die Entwickler auch von der Dynamischen Grünen Welle.
Hinzu kommt:
Dem Fahrer wird auch mitgeteilt, wie
lange eine Ampel noch rot ist. Er kann dann entscheiden, ob es sinnvoll
ist, den Motor auszumachen. Das
Teilprojekt „Der informierte Fahrer“ erfordert in den Autos sehr
viel Rechenleistung . Sie würde mit handelsüblichen Computern derzeit
annähernd 10.000 Euro kosten.
Für die Anzeige wird der Monitor in der Mitte benutzt, die sonst die Daten des Bordcomputers oder des Navigationssystems anzeigt. |
Der Monitor zeigt an, wie lange die Ampel noch rot ist |
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Zusätzlich gibt es eine Anzeige zwischen Drehzahlmesser und Tacho. Es zeigt im oberen Teil des Displays den „Grünteppich“ an, in den die optimale Geschwindigkeit eingeblendet ist. Hält der Fahrer dieses Tempo ein, hat er an der nächsten Ampel freie Durchfahrt. |
Das Display zeigt zusätzlich den "Grünteppich" an |
Das Team von
„Travolution“ hat nach nun vierjähriger Forschungsarbeit ein wegweisendes
Konzept zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur entwickelt. Es wurde der
Beweis erbracht, dass „Travolution“ den Verkehrsfluss optimiert, mit sehr
positiven Begleiterscheinungen:
geringerer Kraftstoffverbrauch,
Reduzierung der Emissionen wie CO2 und Feinstaub
Entlastung der Anwohner
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Verkürzung der individuellen Reisezeit
Während sich bei der Online-Optimierung der Ampelsteuerung
vor allem der Verkehrsfluss während der Spitzenzeiten verbesserte, wurde im
zweiten Projektteil „Der informierte Fahrer“ vor allem der Verkehr zwischen den
Stoßzeiten entlastet. Deswegen ergänzen sich die beiden Projekte. Die Daten
fließen übrigens in das "Car2Car
Communication Consortium" ein, in dem sich europäische Autohersteller mit
verschiedenen Partnern zusammengeschlossen haben. Das Konsortium arbeitet an
einer einheitlichen Kommunikation von Auto zu Auto (C2C)
und Auto zu Ampel (C2I).
Ob solche Systeme von den Autofahrern akzeptiert werden - zu allererst die fahrzeugseitigen Mehrkosten – wird die Zukunft zeigen. Jedenfalls sollen auf der Basis von „Travolution“ weitere Projekte folgen. So wird das Forschungsfeld in Ingolstadt um 15 Automobile und 52 Ampelanlagen erweitert. Zudem sollen hochaktuelle Verkehrsinformationen die Verkehrsteilnehmer im Stadtgebiet besser informieren. So soll es dann beispielsweise künftig möglich sein, die Tankrechnung via Kommunikation zwischen Ampel und Zapfsäule zu erledigen. Oder beim Befahren eines Parkplatzes wird einem im Display bereits ein freier Stellplatz und die Kosten angezeigt, die Schranke öffnet sich, der Bezahlvorgang wird automatisch abgewickelt. Aber auch zur Verkehrssicherheit könnte Travolution beitragen: Wenn es z.B. feststellt, dass der Fahrer zu schnell auf eine Ampel zufährt, würde ein kleiner Bremsruck diesen rechtzeitig warnen.
Natürlich hat das System noch seine Tücken, aber eins steht
fest: Auch in Zukunft wird es Ampeln
geben - nur das Warten davor vielleicht nicht mehr. Angesichts weiter steigender
Kfz-Zulassungszahlungen allerdings auch eine sehr vage Hoffnung.
Dieser Bericht wurde in ähnlicher Form im Technik Profi von auto, motor und sport 2008 veröffentlicht.
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