April 2010
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Die Anfänge der Zündung
So lange ein Motor läuft, macht sich niemand Gedanken um die sie. Erst wenn der
Anlasser den Motor zwar durchdreht, das Auto aber trotzdem nicht anspringen
will, denkt man daran, die zu prüfen. Gemeint ist die Zündanlage. Und
glücklicherweise passiert das auch wirklich nicht sehr oft. Seit es
Verbrennungsmotoren gibt, galt es ein Kraftstoff-Luftgemisch zu entzünden. Der
als Selbstzünder bekannte Dieselmotor verwendet hierzu die Wärme der
komprimierten Luft, die bei der dieseltypischen hohen Verdichtung
entsteht.Ottomotoren mit Benzin als Kraftstoff schied dieses Prinzip aus. Eine
Fremdzündung musste her.
Batteriezündungen sind bereits seit 1861
bekannt (s. a. Tabelle 1). Damals baute der Franzose Etienne Lenoir
eine so genannte Summerzündung. Dass diese Zündung sich nicht
durchsetzte, hatte vor allem zwei Gründe. Erstens erzeugte sie
mehrere Funken während eines Verbrennungstaktes und konnte keine
effektive Verbrennung bei hohen Umdrehungszahlen gewährleisten. Sie
eignete sich allenfalls für die Motoren aus den Kindertagen des
Automobilbaus, die kaum mehr als 300 Umdrehungen pro Minute
erreichten. Zweitens gab es noch keine Möglichkeit, den
erforderlichen Zündstrom während der Fahrt zu erzeugen.
Andere Zündungsarten, wie die von Gottlieb Daimler 1883
patentierte Glührohrzündung, setzten sich erst recht nicht durch. Denn die
Glührohrzündung eignete sich bauartbedingt nur für Drehzahlen bis 1000 U/min und
barg erhebliche Brandgefahr. Sie basierte nämlich auf dem Prinzip, ein
Metallrohr, das in den Brennraum ragte, durch einen kleinen Brenner permanent
glühen zu lassen, um den Verbrennungsvorgang in Gang zu halten. Nicht umsonst
verfasste Wilhelm Maybach 1897 eine Denkschrift, in der er von der These
ausging, dass jedes Automobil mit Glührohrzündung irgendwann einmal abbrennen
müsse. Die Zündung war damit, wie es Karl Benz einmal formulierte, „das Problem
der Probleme“, und nicht umsonst wünschten sich französische Herrenfahrer der
Jahrhundertwende nicht „Gute Fahrt!“, sondern „Gute Zündung“ („Bon Allumage!“).
Die Magnetzündung
Im Fahrzeugbau setzte sich zunächst die
Magnetzündung durch, da sie einen entscheidenden Vorzug hatte: Sie
benötigte keinen Strom aus einer externen Quelle. Bei der
Niederspannungs-Magnetzündung, die 1882/83 Siegfried Marcus zum Patent
angemeldet hatte, ragte ein Unterbrechermechanismus in den
Verbrennungsraum des Zylinders. Der Spulen-Strom wurde dort bei der
Umdrehung des Magnetankers "abgerissen", daher auch der Name
AbreißzündungRobert Bosch baute 1887 auf Wunsch von Deutz einen
Niederspannungs-Magnetzündapparat für einen Stationärmotor, ein
Erzeugnis, das später im Automobil eine wichtige Rolle spielte. Der
Zündapparat half der kleinen Werkstatt zu einem stetig besseren
Geschäftsverlauf. Der 1.000ste Magnetzünder konnte 1896 gefeiert werden.
1897 montierte Bosch einen solchen Apparat an einem Kraftfahrzeug, einem
Motordreirad der Marke De Dion-Bouton: Ziel des Versuchs: eine
alltagstaugliche Zündung für Kraftfahrzeuge, denn ein solche gab es
bislang noch nicht. Der Versuch war erfolgreich und ließ die
Verkaufszahlen klettern: Mehr als eine Million waren es schon bis 1912 . |
In den Kindertagen des
Automobils vor 1900 zählte die Zündung zu den Kernproblemen. Im Bild die
Petrolette mit einem Niederspannungsmagnetzünder. |
Die Hochspannungs-Magnetzündung, von Gottlob Honold, einem Mitarbeiter
von Bosch, wurde 1902 entwickelt. Sie prägte die Automobilausrüstung bis
weit nach Ende des Ersten Weltkrieges. Der
wuchtige Apparat ist ein Schlüsselprodukt des Unternehmens. Er machte
Bosch zum Autozulieferer, zum Lenker eines Großunternehmens, und seine
Firma zu einem international tätigen Konzern. Gleichzeitig war die
Magnetzündung ein Schrittmacher für die Motorisierung. Symbolisch tritt
er noch heute in Erscheinung: Der Doppel-T-Anker, der Kern des
Magnetzünders, ist heute noch Bildmarke der Robert Bosch GmbH. |
Hochspannungsmagnetzündung aus dem Jahre 1902 prägte
die Automobilausrüstung bis weit nach Ende des Ersten Weltkrieges |
Die Funktion des
Magnetzünders
Beim Hochspannungs-Magnetzünder handelt es sich um
eine magnetelektrische Maschine, bei welcher in den Ankerleitern bei der
Drehung des Läufers im Magnetfeld eine elektrische Spannung entsteht.
Der Anker enthält zwei Wicklungen. Die primäre Wicklung besteht aus
wenigen Windungen eines dicken Drahtes, ihr Stromkreis ist über den
Unterbrecher geschlossen. In der zweiten Wicklung, die aus vielen
Windungen des dünnen Drahtes besteht, entsteht infolge Induktionswirkung
im Augenblick der Unterbrechung des Stromkreises und dem Zusammenbrechen
des Magnetfeldes eine Hochspannung von ca. 20.000 V, die einen
Funkenüberschlag an der Zündkerze zur Folge hat. Die Unterbrechung des
Spulenstromes, sprich Zündauslösung, erfolgt durch einen
Zwangs-Mechanismus, der mit der Drehbewegung des Motors gekoppelt ist.
Magnetzünder, früher auch als Zündmagnete bezeichnet, waren somit eine
geniale Vereinigung von Stromerzeuger, Transformator, Zündauslöser und
Zündverteiler.
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Die Teile eines Magnetzünders,
der Übersicht wegen etwas auseinandergezogen. Dieser Magnetzünder speist
4 Zündkerzen |
Die Magnetzündung beim Motorrad
Standard waren Magnetzündungen bei Motorrädern seit
den Anfängen des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre. Die
Verwendung von Magnetzündungen ist heutzutage unüblich geworden, jedoch
wurden bis in die 1980er Jahre kleine Motorräder und Mopeds mit
Magnetzündanlagen betrieben, um auf eine schwere Batterie verzichten zu
können. Jedoch wurden auch große Motorräder mit Magnetzündanlagen
betrieben, zuletzt in Deutschland bis 1969 die
BMW-Motorräder.Magnetzündungen an Motorrädern kann man meist an ihren
walzenförmigen Gehäusen in unmittelbarer Nähe des oder der Zylinder
erkennen. In den Anfangsjahren wurden die Magnetzündungen oftmals vor
dem Zylinder angeordnet, was sie aber störanfällig durch Steine und
Schmutz machte, in späteren Jahren war oft eine Anordnung hinter den
Zylindern üblich.
Magnetzündungen besitzen in
der Regel eine drehzahlabhängige Verstelleinrichtung für das Vorverlegen
des Zündzeitpunktes mit steigender Drehzahl mittels eines
Fliehkraft-Reglers. Dieser Winkelverstellung wurde teils ein
handbeeinflusster Verstellwert vom Lenker über Seilzug aufgeschaltet,
zur manuellen Anpassung des Zündzeitpunktes oder zur Erleichterung der
Startprozedur. Das letzte Motorrad aus deutscher Produktion mit dieser
aufwendig zu bedienenden Verstellung war die BMW R 68-Sportmaschine bis
Baujahr 1955. Neben dem normalen rechten Gasdrehgriff war zur
Zündverstellung auch der linke Griff als Drehgriff ausgebildet.
Die Zündkerze
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Ohne ein bestimmtes Bauteil
hätte der zuvor beschriebene Hochspannungs-Magnetzünder nicht so einen
Erfolg gehabt: die Zündkerze.
Vor über 100 Jahren präsentierte Bosch nämlich
zusammen mit dem Hochspannungs-Magnetzünder erstmals auch eine
Zündkerze. Das Unternehmen erhielt am 7. Januar 1902 ein Patent auf
dieses epochale System (Bild 3). Die zuverlässige Zündung für immer
höher drehende Motoren löste endgültig das "Problem der Probleme" (Carl
Benz über die Zündung) der frühen Automobiltechnik. So brachte die
Zündkerze zusammen mit industriellen Fertigungstechniken den Durchbruch
zur stark wachsenden Kraftfahrzeugproduktion der der folgenden
Jahrzehnte. Damit wurde das Automobil erschwinglich für Jedermann.
Heute trägt die stetig weiterentwickelte Zündkerze
als wichtige Systemkomponente wesentlich zur sparsamen, sauberen und
effizienten Kraftstoffverbrennung sowie zur sicheren Funktion von Motor
und Katalysator bei. Dabei ist trotz ihres großen Leistungszuwachses die
Lebensdauer von normalen Zündkerzen heute mit circa 20.000 bis 30.000 km
etwa 20 bis 30 Mal höher als bei Zündkerzen vor etwa neunzig Jahren –
spezielle Ausführungen halten sogar 100.000 km (s. a. Tabelle 2).
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Die erste Zündkerze der Welt wurde 1902 zusammen mit dem
Hochspannungsmagnetzünder präsentiert
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Tabelle 1 - Geschichte der Zündung
1861
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Summerzündung des Franzosen Etienne Lenoir (Vorläufer der Batteriezündung)
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1879
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Der Amerikaner
E.H. Hall entdeckt den nach ihm benannten elektromagnetischen Halleffekt
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1883
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Niederspannungsmagnetzündung (Abreißzündung) von Siegfried Marcus
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1883
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Glührohrzündung
von Gottlieb Daimler
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1887
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Niederspannungs-Magnetzünder für stationäre Gasmotoren von Robert Bosch
(im Auftrag von Deutz)
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1897
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Magnetzündung
für schnell laufende Motore von Bosch (Automobile )
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1898
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Magnetzünder im
De Dion Bouton-Motordreirad durch Bosch erprobt (Anregung Frederick
Simms/Daimler)
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1898
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Die Gebrüder Packard, Autobauer und spätere Gründer von Delphi Packard
Electric, erfinden das Zündkabel (US-Markt)
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1902
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Bosch erhält für
die Kombination einer neuartigen Zündkerze mit dem
Hochspannungs-Magnetzünder Gottlob Honold) am 7. Januar 1902 ein Patent.
Lieferung erster Systeme am 24. September 1902 an die
Daimler-Motorengesellschaft Bad Cannstatt
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1902 ff
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Kerzenfertigung
in den ersten Jahren einige hundert Stück jährlich
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1908
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US-Amerikaner
Charles F. Kettering erfindet Elektrische Zündung; Bosch erfindet die
Summerzündspule
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1910
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Bosch
Zündverteiler
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1914
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Bosch gründet
erstes Zündkerzenwerk (Stuttgart)
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1921
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Bosch
Lichtmagnetzündung
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1925
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Bosch
Batteriezündung
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1926
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Bosch
Lichtbatteriezünder
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1927
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Bosch führt
Begriff "Wärmewert" ein, bis heute das Standardmaß für die thermische
Belastbarkeit einer Zündkerze (wichtig für optimale Anpassung an
jeweiligen Motor)
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1932
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Bosch
Lichtanlasszünder, Schwunglichtmagnetzünder und
Schwunglichtanlassbatteriezünder
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1953
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Bosch-Kerze mit
Zweistoff-Mittelelektrode in Serie beim "Flügeltürer" Mercedes Benz 300
SL, Vorteile: sicherer Kaltstart und längere Lebensdauer
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1964
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kontaktgesteuerte Transistorzündung (TSZ)
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1965
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Kontaktgesteuerte Hochspannungs-Kondensatorzündung (HKZ)
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1968
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Werk Bamberg
produziert die einmilliardste Zündkerze
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1968
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Magneti Marelli
entwickelt das elektronischen Zündsystem Dinoplex
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1974
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Wartungsfreie
Kontaktlose Transistorzündung mit Induktivgeber (TSZ-i)
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1976
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Zweistoff-Mittelelektrode in Großserie ("Thermoelastic"-Kerzen)
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1977
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Kontaktlose
Zündung mit Hallgeber
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1979
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Motronic,
digitales System zur Steuerung von Zündung und Einspritzung
(„L-Jetronic“) erstmals im BMW
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1980er
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Anpassung der
Zündkerze an veränderte Kraftstoffe und Aggregatetechnik macht Motoren
sauberer, sparsamer und effizienter (bleifreies Benzin, Katalysator,
Vierventiler, Magermix usw.)
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1982
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Elektronische
Kennfeldzündung
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1983
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Elektronisches
Zündsystem mit Klopfregelung; Platin-Mittelelektrode und
Verbundwerkstoffe mit Edelmetalllegierungen erhöhen
Zündkerzen-Lebensdauer auf weit über 60 000 km
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1987
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Elektronische Zündung mit adaptiver Klopfregelung
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1989
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Motronic mit
16-bit Mikroprozessor; Ruhende Hochspannungsverteilung
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1991
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Luftgleitfunkenkerze von Bosch, verhindert auch bei häufigem
Kurzstreckenbetrieb Verrußung, Zündverschleppung und –aussetzer
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1994
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Ionenstrommessung bei Saab (Trionic
5)
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1995
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Nickel-Yttrium-Elektrodenwerkstoff erhöht Kerzen-Lebensdauer
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1995
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Halbgleitfunken-Zündkerzen von NGK für Volkswagen
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1996
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Motronic in
Mikrohybridbauweise
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1997
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Doppelzündung
von Mercedes
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1998
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Zylinderkopfmodule mit komplettem integriertem Zündsystem
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2000
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Siebenmilliardste Bosch-Zündkerze; Zündkerzen für die erste
Benzin-Direkteinspritzung nach dem Schichtladeprinzip
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2001
|
Stabspule
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7. 1. 2002
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Jubiläum 100
Jahre Bosch-Kerze
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2004
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Zündspule Mini
Compact
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2006
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Zündspule Power
Mini Compact
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In Entwicklung: Die
Laserzündung (AVL / CTR)
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Tabelle 2
Zahlen zur Zündkerze
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Jährliche
Zündkerzenproduktion (bei Bosch):
über 350
Millionen Stück (1902: ca. 300 Stück)
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Materialmengen für die Tagesproduktion von über einer Million Stück:
29 t
Stahl, 1,8 t Nickel, 0,7 t Kupfer, 15 km Nickeldraht und 2,5 kg
Platin für Kerzengehäuse und Elektroden sowie 20 t Tonerde für
Isolatorkörper
-
Gesamtherstellungsmenge Zündkerzen (Bosch) seit 1902:
über
7,5 Milliarden Stück
-
Zündkerzen
Größen:
40 mm Länge (z. B. für Rasenmäher) bis 150 mm Länge (z. B. für
Groß-Gasmotoren)
-
Leistung
einer Standard-Zündkerze:
50 bis 100 Zündungen/Sekunde, insgesamt ca. 20 Millionen Zündungen
(bei Lebensdauer 20.000 km)
-
Arbeitsbedingungen der einer Zündkerze:
Spannungen bis 30.000 V, Temperaturen bis 1.000 ºC,
Drücke bis 100 bar (= Druck in 1.000 m Wassertiefe); heißes, extrem
aggressives Gemisch von Benzindämpfen, Verbrennungsgasen sowie
Kraftstoff-Öl-Rückständen
-
Lebensdauer von Zündkerzen:
Standard 20.000 bis 30.000 km, spezielle Kerzen bis
100.000 km
|
Quellen für Text und
Bild:
Bosch, Wikipedia, NGK, Delphi, AVL, CTR, BMW, ADAC, „Du und dein
Motor“ (Edwin P.A. Heinze, 1939)
Linktipps :
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Dieser Bericht (Teil 1und 2) wurde bereits 2007 im Technik Profi von
Auto Motor und Sport veröffentlicht.
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Autor: Johannes Wiesinger
bearbeitet:
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