|
Reifen |
Das Reifenalter
- Alter von Autoreifen
|
Das Alter von Autoreifen ist ein wichtiges
Thema!
Lernfeld 10 Fahrwerk und
Bremse
-
Wie alt sollten neue Reifen maximal sein?
Wie verändert sich die Qualität von gelagerten Reifen?
-
Wie lagert
man Reifen sachgerecht ein?
-
Wie verändern
sich die Eigenschaften von Reifen im Gebrauch?

Wie alt sollten oder dürfen neue Reifen
sein? - Bild:
depositphotos.com
Früher wurde von vielen
Kunden beim Reifenkauf gewünscht, dass, in der Hoffnung auf bessere
Laufeigenschaften, die Reifen „abgelagert“ sind, vergleichbar wie
ein guter Schinken. Heute jedoch verlangt der Kunde einen
Preisnachlass, wenn er einen „älteren“ Reifen angeboten bekommt. Er
wünscht sich in der Regel einen Reifen aus dem aktuellen
Produktionsjahr. Auch haben
mehrere Diskussionen über Urteile in den letzten Jahren nicht
unbedingt für Klarheit in der Öffentlichkeit gesorgt, was das Alter
des Reifens betrifft.
Alterungsprozesse
von Reifen
Zunächst muss man eindeutig sagen, dass
das Altern von Reifen ein ziemlich komplexer und zum Teil auch irreversibler
Prozess ist, der zur Veränderung der Reifeneigenschaften führt. Beim Altern
unterscheidet man grundsätzlich physikalische und chemische Prozesse. Dabei
lösen Ozon und Sauerstoff, UV-Strahlung
und Feuchtigkeit sowie Hitze und Kälte chemische Vorgänge aus, die die
Reifeneigenschaften verändern. Physikalische Größen wie Temperatur, Zeit und
Verformungskräfte bewirken unterschiedlich stark
-
die Mikrokristallbildung,
-
die Clusterbildung und die
-
Weichmacherdiffusion in der Reifenmischung,
die ebenfalls
starken Einfluss auf die Reifeneigenschaften und den Alterungsprozess haben.
Das
gilt auch für nicht oder wenig benutzte Reifen. Dies belegt zumindest eine
Continental-Studie.
Das Ozon und der Sauerstoff spalten die
Polymerketten an einigen Stellen der Gummimischung auf, an
anderen bilden sich neue Vernetzungen. Bei höheren
Temperaturen und bei großer Luftfeuchtigkeit läuft dieser
Prozess schneller ab. Dabei können Risse entstehen. Die
Reifenhersteller wirken diesen chemischen Alterungsvorgängen
entgegen, in dem sie Alterungsschutzmittel einsetzen.
Statische Alterungsschutzmittel bilden an der Oberfläche
einen Wachsfilm, der die Ozonrisse verhindern soll.
Dynamische Mittel, wie Antioxidationsmittel, reagieren
hingegen mit dem Ozon und dem Sauerstoff und schützen so den
Gummi vor der Rissbildung. Da diese chemischen Vorgänge wie
erwähnt temperaturabhängig sind, hilft eine sachgerechte
Reifenlagerung dem entgegenzuwirken.

Bild 1: Durch oxidative Vorgänge von Ozon und Sauerstoff entstandene Risse
Normalerweise sind die Polymerketten der
Gummimischung amorph angeordnet, d. h. sie befinden sich in einem ungeordnetem
Zustand. Bei niedrigen Temperaturen kann sich jedoch an einigen Stellen eine
mikrokristalline Struktur ausbilden, so dass die Polymerketten lokal
regelmäßiger angeordnet sind und es so zu einer Verhärtung kommt. Beim Kunden
kann diese Verhärtung den Eindruck einer Qualitätsverschlechterung hervorrufen.
Da dieser Vorgang jedoch reversibel ist, bei Temperaturerhöhung bildet sich
wieder die amorphe Struktur aus, wird die Gebrauchstauglichkeit des Reifens
jedoch nicht beeinträchtigt.

Bild 2: Bei niedrigen Temperaturen bilden die zunächst amorphen
Polymerketten kristalline Strukturen aus
Gummimischungen bestehen neben
natürlichem und synthetischem Kautschuk, der das Grundmaterial liefert, zu einem
großen Teil aus Füllstoffen wie Russ und Silika, die für die
Widerstandsfähigkeit des Reifens gegen Abrieb zuständig sind. Beim Mischvorgang
während der Herstellung des Reifens kommen weiterhin noch Kreide, Öle, Harze,
Beschleuniger, Verzögerer, Mischhilfen, Aktivatoren und Schwefel hinzu.
Füllstoffe wie der Ruß lagern sich zu
Clustern, zu kleinen Gruppen zusammen und verzahnen sich hierbei. Dies macht den
Reifen steifer. Durch die mechanische Beanspruchung des Reifens im Fahrbetrieb
lösen sich die Cluster jedoch mit der Zeit etwas auf, was zu einer geringeren
Steifigkeit führt. Hierbei handelt es sich auch um einen reversiblen Prozess.

Bild 3: Bei mechanischer Beanspruchung lösen sich die Cluster und es kommt
zu einer geringeren Steifigkeit
Ein Reifen ist aufgrund unterschiedlicher
Anforderungen an die Eigenschaften des Materials aus verschiedenartigen
Gummimischungen aufgebaut. So soll beispielsweise Öl als Füllstoff den Reifen an
einigen Stellen weich machen. An den Kontaktstellen der Gummimischungen kommt es
jedoch zu Diffusionsvorgängen, bei denen das Öl aus einer höheren ölhaltigen
Mischung in Bereiche diffundiert, die weniger Öl enthalten. Durch die geänderte
Zusammensetzung der Mischung verändert sich nun auch die physikalische
Eigenschaft. Dieser Vorgang ist irreversibel und stark von der Temperatur
abhängig. Gegen die Weichmacherdiffusion hilft allerdings eine sachgerechte
Lagerungstemperatur.
Die Reifenhersteller versuchen ihrerseits diesen Prozessen
entgegenzuwirken, indem sie den Gummimischungen Substanzen beimengen, die
leistungsmindernde Reaktionen in erforderlichem Maße verhindern sollen. Damit
ist jedenfalls gewährleistet, dass ein mehrere Jahre alter Reifen, der aber auch
sachgemäß gelagert wurde, in der Ausgewogenheit seiner Produkteigenschaften
einem Neureifen entspricht.
Sach- und fachgerechte Lagerung von Reifen
Doch was versteht man unter einer
sachgemäßen und professionellen Einlagerung? Hier gilt
es die DIN 7716 bzw. ISO 2230 zu beachten.
-
Der Reifen oder
das Komplettrad ist kühl, trocken und in sauberer Umgebung
bei Temperaturen unter 35°C, vorzugsweise unter 25°C zu
lagern.
-
Die Pneus sind möglichst dunkel, also vor
Sonnenlicht oder starkem künstlichen Licht geschützt,
einzulagern.
-
Müssen Reifen im Freien gelagert werden, sollte
dies nur unter einer lichtundurchlässigen Plane erfolgen.
-
Im
Lagerraum sollten sich die Reifen nicht zusammen mit Ölen,
Fetten, Lacken oder Kraftstoffen befinden.
Da Ozon besonders
schädlich ist, sollten die Lagerräume keine Ozon
freisetzenden Geräte, also beispielsweise elektrische
Maschinen enthalten. Generell ist die Lagerzeit so kurz wie
möglich zu halten.
-
Bei Kurzzeitlagerung, bis zu maximal 3
Monaten, sind die Reifen horizontal aufeinander und nicht
höher als 1,20 m zu stapeln.
-
Bei Langzeitlagerung sollen sie
aufrecht in einer Lage auf Regalgestellen mit mindestens 10
cm Abstand zum Fußboden stehen.
-
Wegen möglicher Verformungen sollten die Reifen
einmal im Monat gedreht werden.
-
Kompletträder werden
hängend oder liegend,
im Idealfall auf einer Holzpalette, eingelagert.

Bild 4: Korrekte Lagerung ist wichtig
Wie lange gilt ein Reifen als neu?
Es gibt keine gesetzliche Regelung,
wie alt ein als "neu" verkaufter Reifen sein darf!
Ein Reifen gilt in der Branche bis zu 5 Jahren als
neu, unter der Voraussetzung, dass er mehrere Jahre sachgemäß gelagert
wurdeund dadurch in seiner Verwendungstauglichkeit nicht beeinträchtigt
ist. Allerdings ist er in seiner Nutzungsdauer eingeschränkt! Die Gründe liegen in den Alterungsprozessen, (siehe oben).
Das heißt also: Grundsätzlich ist bei sachgemäßer
Lagerung gemäß DIN 7716 bzw. ISO 2230 ein Reifen bis zu einer Lagerdauer von
fünf Jahren als Neureifen zu spezifizieren. Der Verkauf und die Montage sind
somit technisch unbedenklich. Dies muss aber auch nachgewiesen werden können.
Ein Kunde, weiß ja nicht unbedingt, wie sachgerecht der Refen beim Händler
gelagert wurde, gibt der ADAC zu bedenken. Dazu auch entsprechenden Urteile:
- Amtsgericht Krefeld, 82 c 460/002 vom 01. 12. 2003
- Amtsgericht Bochum, 40 c 821/03 vom 09. 03. 2004
Das Amtsgericht (AG) Starnberg hat aber in einem
Urteilsspruch vom 16. Dezember 2009 (AZ: 6 C 1725/09) entschieden, dass
Reifen unter bestimmten Umständen nicht mehr als Neureifen verkauft werden
dürfen. Bei derartigen Reifen habe der Käufer einen Anspruch auf
Preisminderung. Der Durchschnittskäufer dürfe beim Kauf von Neureifen davon
ausgehen, auch Reifen zu erhalten, die dem neuesten, werbemäßig
angepriesenen Stand der Technik entsprechen, begründete das Gericht
seine Entscheidung.
Verkehrsclubs wie der ADAC und kfztech.de
raten dazu, nur solche Reifen zu kaufen, deren Produktionsdatum
maximal 18 bis 24 Monate zurückliegt! Der Kunde
sollte bei der Refienbestellung bzw. beim Kauf explizit darauf
hinweisen und sich dies auch schriftöich zusichern lassen.
Verwendung von Reifen in der Praxis
Ein Reifen ist im Fahrbetrieb deutlich anderen Bedingungen ausgesetzt, als bei sachgerechter Lagerung. Im
Fahrbetrieb erreichen die Reifen höhere Temperaturen und sind dem Sonnenlicht
und allen möglichen Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Außerdem müssen die
Reifen im Sommer höhere Ozonkonzentrationen aushalten und werden stark
mechanisch beansprucht.
PKW-Sommer- und Winterreifen sowie
Motorradreifen werden deshalb heute so entwickelt, dass die Ausgewogenheit der
Produkteigenschaften und damit die Sicherheitsqualität über das gesamte aktive
Reifenleben erhalten bleibt. Natürlich vorausgesetzt, dass die Reifen ständig
unter normalen Bedingungen genutzt und in Ruhezeiten einwandfrei gelagert
werden. Dies hat zur Folge, dass die Reifenverschleißgrenze lange vor der Alterungsgrenze erreicht wird.
Vom Bundesverband für den Reifenhandel und das
Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) wird empfohlen, Reifen, die älter als 10 Jahre
sind, nur noch zu benutzen, wenn sie vorher ständig unter normalen Bedingungen
im Einsatz waren. Diese Reifen sollten also nicht mehr umgesteckt, sondern nur
noch im laufenden Betrieb abgefahren werden. Davon abweichende Empfehlungen der
Reifenhersteller sind zu beachten. Autofahrer sollten speziell bei älteren
Fahrzeugen oder bei Fahrzeugen, deren Kilometerlaufleistung eher niedrig ist,
auf das Reifenalter und den Reifenzustand achten. Kompromisse bei Reifen, die
älter als 10 Jahre sind, sollten aus sicherheitstechnischen Erwägungen auf
keinen Fall gemacht werden.
Zur Profiltiefe
Die gesetzlich (StVZO §36 in Deutschland und Europa)
vorgeschriebene Profiltiefe bei PKW- und Motorradreifen,
sollte am ganzen Umfang mindestens 1,6 mm aufweisen.
Da die gesetzlich festgelegte Profilgrenze jedoch nur einen
Rest an Sicherheit gewährt, raten Reifen- und
Verkehrsexperten zu einer Mindestprofiltiefe von 3 mm bei
PKW und 2 mm bei Motorrädern.
Winterreifen verlieren
einen Großteil Ihrer Wintertauglichkeit sogar schon ab 4 mm
Profiltiefe.

Bild 5: Die Profiltiefe kann ganz einfach mit einem 1 Euro Stück ermittelt werden. Der Goldrand sollte ganz verschwinden.
Erkennung des Alters von Reifen
Entscheidend für die Erkennung des
Alters ist die DOT-Nummer, die sich auf der Reifenflanke des
Reifens befindet.
Die DOT-Nummer (Department of Transportation = US-amerikanisches Verkehrsministerium) gibt nämlich unter
Seit dem Jahr 2000 haben Reifen eine 4-stelligeDOT Nummer.
Die Nummer wird wie folgt gelesen:
Beispiel:
DOT CUNB A1 B6
2417
Die ersten beiden Ziffern geben wieder
die Kalenderwoche an, also hier die
24. Woche. Die 3. und 4. Ziffer geben das Jahr an, in unserem Beispiel
das Jahr 2017.
Häufig steht das Reifenalter nur auf einer Seite des
Reifens!
Ein weiteres Beispiel siehe Bild:

Bild 6: Bestimmung des Reifenalters, Beispiel 2: DOT 1902
bedeutet 19. Woche 2002
Problematik Standfahrzeuge
Für
Wohnwagen, Wohnmobile und Anhänger oder andere so genannte
Standfahrzeuge, also Fahrzeuge, die nicht regelmäßig bewegt
werden, gelten andere Regeln. Reifen, die unter Druck bzw.
einer dauernden Belastung nicht bewegt werden, altern
nämlich besonders schnell.
Grundsätzlich gilt hier:
Nach längeren Standzeiten und vor Reisen müssen Reifen und
Ersatzrad auf Funktionstauglichkeit geprüft werden. Die
Reifenhersteller empfehlen hierbei, dass Reifen nach 6
Jahren, spätestens jedoch nach 8 Jahren auf jeden Fall zu
ersetzen sind.
Es ist wichtig zu wissen, dass für mehrspurige
Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3,5
t mit Anhänger, die nach §18 Absatz 5 Nr. 3 StVO eine 100
km/h-Zulassung besitzen, der Gesetzgeber bindend
vorschreibt, dass die Reifen auf dem Anhänger nicht älter
als 6 Jahre sein dürfen.

Bild 7: Wohnwagenreifen altern besonders schnell
Reserverad
Das Reserverad wird allzu häufig
vergessen und vernachlässigt. Es sollte aber natürlich
ebenfalls regelmäßig gecheckt werden. Es gelten hier
allerdings andere Einflussfaktoren.
Ähnlich wie bei
Standfahrzeugen unterliegt das Reserverad einem schnelleren
Alterungsprozess, was jedoch optisch meist nicht zu erkennen
ist. Hier lautet die Empfehlung der Reifenhersteller, das
Reserverad mit in den Betrieb des Fahrzeugs einzubeziehen.
Der Autor empfiehlt beim Kauf eines Neufahrzeugs noch einen
zusätzlichen Reifen anzuschaffen. Da sich die Vorderreifen
durch die zusätzliche Lenkarbeit schneller abfahren, können
der Reservereifen und der zusätzliche Reifen diese ersetzen.
Generell gilt, Reservereifen, die älter als 6 Jahre sind,
sollten nur noch im Notfall und dann auch nur bis zum
Erreichen der nächsten Fachwerkstatt eingesetzt werden. Nach
6 Jahren tauschen, gilt auch für den Anhänger, das empfahl
auch die Autozeitschrift auto, motor & sport.

Bild 8: Reservereifen sollten nur im Notfall eingesetzt
werden
Alter von Kraftfahrzeugen
Mehrere Gerichte
hatten sich in den vergangenen Jahren mit der Frage
auseinandergesetzt, wann ein Kraftfahrzeug als „fabrikneu“ bzw.
wann es als „neu“ verkauft werden kann.
Ein unbenutztes Kraftfahrzeug ist regelmäßig noch "fabrikneu",
wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert
weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit
bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des
Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12
Monate liegen. (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - VIII ZR
227/02) Eine weitere Voraussetzung
ist, dass dieses Modell unverändert weitergebaut wird, also
keine Änderungen in der Technik und der Ausstattung aufweist. Es
wird davon ausgegangen, dass ein Fahrzeug zwar nicht fabrikneu
aber noch als Neuwagen gilt, wenn zwischen Herstellung und
Verkauf etwa 2 ½ Jahre liegen. Reimporte beeinflussen diese
Tatsache nicht.
Fabrikneu oder
neuer Reifen
Diese Bewertung lässt sich auf das
Reifenalter jedoch nur bedingt übertragen. Ein einmal als fabrikneu produzierter
Reifen muss beim Verkauf einwandfrei und ordentlich gelagert worden sein.
Für Fristen bei Reifen muss man von längeren Zeiträumen ausgehen. Dafür gibt es
technische Gründe, weil ein Reifen ein homogenes Produkt ist, dessen Komponenten
bei richtiger Lagerung nur in geringem Umfang einem Alterungsprozess ausgesetzt
ist. Auch die Käufererwartung ist eine andere, denn es gibt hier im Gegensatz
zum Kraftfahrzeug für den Verbraucher weniger erkennbare und bedeutsame
Maßnahmen der Modellpflege.
Wenn ein Reifen länger als drei Jahre
gelagert wurde, wird man ihn nicht mehr als fabrikneu anbieten dürfen, so lautet
das Statement des Justiziars des BRV zum Thema Reifenalter. Dies gilt erst recht
nicht, wenn es in der Zwischenzeit bei dieser Größe Nachfolgeprodukte oder
sonstige grundlegende Änderungen gab. Der ADAC vertritt hingegen die Meinung,
dass Reifen, die älter als 2 Jahre sind, nicht mehr als neuwertig zu verkaufen
seien. Als Neureifen wird man aber eine Frist bis fünf Jahre nutzen dürfen, so
der BRV, denn bis dahin beeinträchtigt der physikalische und chemische
Alterungsprozess nicht die technische Qualität. Aber auch hier gilt, dass ein
Modellwechsel die Eigenschaft als Neureifens beeinflusst.
Trotzdem muss aber ein Autohändler beim Verkauf eines Gebrauchtwagens das Alter
der Reifen anhand der DOT-Nummer überprüfen, wenn aufgrund besonderer
Umstände hierfür Anlass besteht. Unterlässt er diese Prüfung, so haftet er für
den Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Reifen infolge Überalterung platzt
und es zu einem Unfall kommt. Dies besagt jedenfalls ein BGH-Urteil vom 11.
Februar 2004 – (VIII ZR 386/02). In diesem Fall war es
zu einem Unfall mit einem Ferrari gekommen, dessen Reifen etwas mehr als
5 Jahre alt waren. Sachverständiger vor Gericht war in diesem Fall aber kein
Reifensachverständiger.
Zusammenfassung und Bewertung Reifenalter
Die Alterung von Reifen beruht auf
chemischen und physikalischen Zusammenhängen. Bei sachgerechter Lagerung findet
die Alterung nur sehr langsam statt, nicht benutzte Reifen bleiben lange
neuwertig. Im Fahrbetrieb laufen Alterungsvorgänge schneller ab, die
Verschleißgrenze bei sachgerechter Nutzung wird jedoch lange vor der
Alterungsgrenze erreicht. Es ist inzwischen allgemein anerkannter Stand der
Technik, dass ein fehlerfrei hergestellter und ordnungsgemäß gelagerter Reifen
eine grundsätzliche Lebensdauer von 10 Jahren besitzt und
bei vorschriftsmäßiger Lagerung max. 5 Jahre ihre vollen
Gebrauchswerteigenschaften beibehalten. Das heißt der Verkauf und Montage sind
somit technisch unbedenklich. Ein Winterreifentest der Zeitschrift „Gute Fahrt“
mit Neureifen und 1 bis 2 Jahre gelagerten Reifen hat ergeben, dass die
Gebrauchten eine nur minimal niedrigere Performance im Bereich Traktion im
Schnee gegenüber den Neureifen aufwiesen, sonst jedoch gleiche Ergebnisse
erzielten.
Der ADAC empfahl den
Reifen spätestens nach 8 - 10 Jahren zu ersetzen. Der Verbraucher muss nach
Ansicht des ADAC beim Kauf 5 Jahre alter "Ladenhüter" deutliche Nachteile in
Kauf nehmen. Da Reifen spätestens 10 Jahre nach der Herstellung ausgetauscht
werden sollten, halbiert sich die Nutzungsdauer dieser lange gelagerten Reifen.
Dies zwingt besonders zum Wechsel wenig gefahrener Winterreifen mit
ausreichendem Profil. An bestimmten Anhängern sind über 6 Jahre alte Reifen gar
nicht zulässig. Diese 5 Jahre alten "Neureifen" könnten somit nur ein Jahr
gefahren werden. Darüber hinaus kann die Ersatzbeschaffung von defekten älteren
Reifen Probleme bereiten. Weiterer Nachteil, so der ADAC ist, dass ältere Reifen
nicht dem Stand der Technik entsprechen.
In der juristischen Betrachtungsweise sollte eine
Unterscheidung in „fabrikneu“ und “neu“ erfolgen, so dass Statement des
BRV-Justiziars. „Fabrikneu“ bedeutet bis zu 3 Jahren, „neu“ bis zu 5 Jahren.
Kürzere Fristen sind jedoch angeraten, wenn entscheidende technische
Veränderungen am Reifen vorgenommen worden sind, oder ein Modellwechsel
stattgefunden hat.
Selbstverständlich schuldet der
Reifenhandel dem Kunden, der durch die zahlreichen Testveröffentlichungen in der
Fachpresse aufgeklärt ist, ein technisch einwandfreies und neues Produkt. Das
bedeutet im Rahmen der zuvor beschriebenen Hinweise jedoch nicht, dass die
technisch vertretbaren Lagerzeiten nicht verantwortlich ausgeschöpft werden
dürfen.
Der Autor empfiehlt den Satz Reifen innerhalb von 3
-
4 Jahren abzufahren. Dabei gilt es einen 6
-
monatigen Wechsel zwischen Sommer
-
und Winterreifen einzuhalten, da diese ebenso nur 3
-
4 Jahre gefahren werden sollten. Dies bedeutet dann aber
auch bereits ab Ende Oktober/Anfang November die Winterreifen aufzuziehen und
bis Ende Apri/Anfang Mai(!) drauf zu lassen. Dies ist auch wegen des
Temperaturverhaltens der Reifen sinnvoll. Sinken nämlich die durchschnittlichen
Tagestemperaturen unter 7° C wird die Gummimischung des Sommerreifens sehr
spröde, das Bremsverhalten lässt nach und die Seitenführungskräfte werden
geringer.
Johannes
Wiesinger
für den ams
professional in auto motor und sport
Quellen:
ADAC, auto motor & sport, BRV (Stellungnahme Justiziar sowie Bilder),
Continental (Continental-Studie Alterung von Reifen), Gute Fahrt,
Internet:
http://www.bundesverband-reifenhandel.de/,
www.conti.de/
Ich empfehle den
ams professional, das Extraheft für Kfz-Technik von auto motor und
sport. Den ams professional (vormals technik profi) gibt es nur in Verbindung mit dem "auto motor
und sport"-Abo.
Wer den ams professional in auto, motor und sport gerne abonnieren möchte:
Link zum Abo |
Autor: Johannes Wiesinger
bearbeitet:
28.06.2025
 |
|